+

TOLERANZ

Neben und miteinander

Die ganze Stadt im Blick
Altona weiter vorn

Gabi Dobusch

Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft

04. Juni 2009

Jungs!?

Logo der Dokumentationsstelle Jungenarbeit

Faszination - Kontrolle: Veranstaltung der Max-Brauer-Schule mit der Dokumentationsstelle Jungenarbeit. Referent war der Pädagoge Oliver Jantz, der viel Erfahrung in der Jungenarbeit und Medienpädagogik mitbringt. Er führte in die virtuelle Spielewelt ein und versuchte, differenziert an die Sache heranzugehen und auch etwas von der Faszination zu vermitteln, die für Jungs (jeden Alterns, so von 3 bis 75) darin stecken kann. Gekommen waren Lehrerinnen und Lehrer, viele Mütter, auch ein paar Männer (die sich aber solange ich anwesend war, nicht äußerten und die ich daher nicht einordnen konnte).

Gut gefallen hat mir, wie Oliver Jantz herausgearbeitet hat, dass es hier auch ganz stark um Geschlechterfragen geht. Dass Jungs Dinge tun, weil sie damit ihre Mutter auf die Palme bringen können. Dass Mädchen mehr und mehr in die Welten der Jungen vordringen, ohne aber sich aus ihrer eigenen Welt zu verabschieden und so eben über Doppelkompetenzen verfügen, beide Codes verstehen - die Jungs aber nicht.

Deutlich wurde auch, dass Erwachsene, die diese Spiele negativ beurteilen, sich häufig noch nie so richtig mit ihnen auseinander gesetzt oder mit ihren Söhnen darüber unterhalten haben, andererseits Väter häufig selbst vor den Bildschirmen hängenbleiben, es aber den Söhnen nicht zugestehen wollen. Oder aber: der Partnerkonflikt wird indirekt über die Jungen ausgetragen.

Einen Antrag zur Jugenarbeit haben wir ja neulich in der Bürgerschaft angenommen. Mal sehen, wieviel davon demnächst umgesetzt wird. Und eine Große Anfrage zum Thema Medienpädagogik in Hamburg haben wir auch gestellt. Mal sehen, wie da die Antworten aussehen.

01. Juni 2009

Fraktionsreise nach Wien

Besichtigung der Stadtwerke Wien

So eine Polit-Reise ist eine ganz eigenartige Art und Weise, eine Stadt kennenzulernen: Rathaus, Parlament, Stadtwerke, Wohnblöcke, Museen usw. - alles zeitlich eng getaktet - da bleibt wenig Möglichkeit, ein Gefühl für die Stadt zu entwickeln.

Um manches ist Wien zu beneiden - ganz bestimmt um seine Kulturlandschaft, aber auch um Programme wie "Mama-lernt-Deutsch": Solche geförderte, über die Stadt nach Bedarf verteilte, qualitativ hochwertigen Angebote für Mütter die Sprache zu lernen, während gleichzeitig die angemessene Betreuung der Kinder organisiert (und bezahlt) wird, wünsche ich mir auch für Hamburg.

21. Mai 2009

60 Jahre Grundgesetz

§3 des Grundgesetzes

Es ist immer wieder schön, Lore Maria Peschel-Gutzeit, unsere mehrfache Ex-Senatorin, zu hören wie gerade eben mal wieder auf dem Deutschlandradio Kultur zum Thema 60 Jahre Grundgesetz, dieses Mal speziell zu Gleichberechtigung bzw. Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland.

Ich hatte schon angefangen mich zu ärgern, dass die Medien wohl überwiegend davon ausgehen, nach 90 Jahre Frauenwahlrecht müssten sie das Thema Gleichberechtigung im Zusammenhang mit 60 Jahre Grundgesetz gar nicht mehr erwähnen - dabei ist für mich (und bestimmt für viele Frauen) die Auseinandersetzung um §3 am spannendsten. Damals ist es Elisabeth Selbert nur gelungen, etwas zu erreichen, weil Frauen(verbände) aus der ganzen Bundesrepublik sich einmischten und den Rat mit Protestbriefen eindeckten - zu deren großer Überraschung! Dass es dann nochmal Jahrzehnte dauerte (und mehrere Anläufe brauchte), bis auch das Familienrecht verfassungsgemäß überarbeitet war und z.B. Frauen zutraute, allein die Verantwortung für ein Kind zu tragen (!), ist aus heutiger Sicht kaum noch nachvollziehbar.

Wieviel Kampf es vor 15 Jahren kostete, den Zusatz aufzunehmen, nachdem der Staat auch die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung fördern müsse, hatte ich verdrängt - gut, nochmal daran erinnert zu werden, denn wie Lore Maria Peschel-Gutzeit zusammenfasste: Soweit es um Macht und Einfluss geht, wird immer noch alles getan, um die Frauen draußen zu halten (siehe Aufsichtsräte!).

17. Mai 2009

Am Info-Stand

Gabi und Alwin

Interessiert sich wer für Europa? Die meisten meinten, sie hätten keine Lust wählen zu gehen. Ein paar wenige sagten, sie hätten schon Briefwahl gemacht. Und ganz wenige interessierten sich tatsächlich - aber selbst diese konnten 100 Gründe anführen, warum Europa bei vielen unten durch ist: die Ohnmacht der Abgeordneten (dabei hat sich da was geändert), der Vertrag von Lissabon (hat ihn jemand gelesen?), der nicht so richtig voran kommt, das Gefühl, gar nicht erst gefragt zu werden. Und diejenigen mit türkischer Herkunft, die zum Stand kamen, wollten zwar offene Grenzen, aber keinen EU-Beitritt der Türkei!

Aber egal - das Wetter war gut (wenn auch windig, wie es aussieht?!), nette Leute kamen vorbei - so ein Samstag Nachmittag gehört eben dazu!

16. Mai 2009

Sagt Lila

Und weil wir schon im Schauspielhaus waren, haben wir uns auch gleich eine Inszenierung angesehen, aber nicht im großen Haus, sondern im Malersaal.

Sagt Lila, laut Pressetext "eine raue und anrührende Liebesgeschichte zwischen dem jungen Araber Chimo und der sechzehnjährigen Französin Lila in einer Wohnsiedlung am Stadtrand von Paris", ist ein Stück für junge Leute. Und weil sie sich nicht ganz sicher waren, wie nicht mehr ganz junge weibliche SPD-Abgeordnete auf so ein Stück reagierten, gaben sich die Mitarbeiter des Schauspielhauses vorab viel Mühe, uns auf das Stück einzustimmen (und vorzubereiten, damit der Schock nicht zu groß wird).

Tatsächlich sind die Schauspieler und die eine Schauspielerin wunderbar - und auch die Inszenierung trifft in vieler Hinsicht genau ins Schwarze.

Der Text allerdings, samt seiner Legende als "authentischer" Text (macht ihn das per se besser? glaubwürdiger? lässt sich nur so die Sprache rechtfertigen?), überzeugt tatsächlich nur sprachlich, ist ansonsten ein Neu-Erzählen der immer-gleichen Geschichte von der Frau als Hure und Heiliger, die den Männern zum Opfer fällt - und das Stück wie alle Frauenfiguren davor nicht überlebt. (Das Muster ist seit den alten Klassikern gleich geblieben.) Und kneift dann auch noch vor den Herausforderungen des Themas Einwanderung und Islam.

Statt dessen erleben wir - auch inszenatorisch - einen Rückgriff auf Mittelalter und Exorzismus. Schade. Da hätte ich mir von einer Hamburger Inszenierung etwas anderes, nämlich eine zumindest andeutungsweise Bezugnahme zum aktuellen Geschehen in unserer Stadt, z.B. zu "Ehrenmorden", erhofft.

15. Mai 2009

Schauspielhaus

Im Bauch des Schauspielhauses

Das erste Haus am Platz, oder? Eindringlich wurde uns bei einer Führung durch Bauch und Dach des Theaters nahegebracht, dass Hamburg eigentlich ein Schauspielhaus hat, das vielleicht auf den ersten Blick viel hermacht, aber tatsächlich über wenig 'Hinterland' verfügt. Kaum Raum um die Bühne herum, beengte Verhältnisse beim Ver- und Entladen und Lagern von Bühnenbildern, eine Maschinerie, die ächzt und stöhnt, ruckelt und hakt - und irgendwann völlig den Geist aufgeben wird.

Und durch das umbaute Parkhaus hat man sich auch noch jeder Chance vertan, eine organische Anbindung an den aufblühenden Stadtteil dahinter zu bekommen - schade!

Und nun? Wer wie ich noch in den 80ern die Provisorien im Operettenhaus auf der Reeperbahn bei der letzten Renovierung des Schauspielhauses mitbekommen hat, den schrecken lange Umbauphasen nicht. (Das Haus hat damals wie ich nun hörte allerdings Abonnenten verloren.) Trotzdem: die Inszenierung des Großkophta z.B. damals ist mir noch lebhaft in Erinnerung, Botho Strauß... Viele jüngere Leute haben so - und nur so - den Weg ins Theater gefunden. Aber vorbereitet will eine Exilphase natürlich sein. Und da braucht es Garantien und Zusagen!

Hat Hamburg überhaupt noch einen Blick für seine Leuchttürme von gestern? Oder deuten sich hier schon die ersten Opfer des Missmanagements bei der Elbphilharmonie an? Denn billig wird es nicht, das Schauspielhaus wieder in die Lage zu versetzen, vorne mitzuspielen.

10. Mai 2009

hamburgmuseum, Teil 2

Hochreservoir zwischen Bahnhof und Palmaille

Eine interessante Figur: der englische Ingenieur William Lindley, der 1833 nach Hamburg kam, um eine Eisenbahnlinie zu bauen und schließlich die Wasserversorgung der Stadt revolutionierte. Dabei hatte er immer auch einen sozialreformerischen Blick: Die Lebensbedingungen der Menschen, insbesondere der Arbeiterklasse sollten verbessert werden.

Tätig war er nicht nur in Hamburg, sondern auch im weiten Umkreis - so auch in Altona wie die alte Aufnahme beweist.

10. Mai 2009

hamburgmuseum, Teil 1

St. Pauli, Else Haensgen-Dingkuhn

Anlässlich der Ausstellungseröffnung im Rathaus zur Verfolgung Homosexueller in Hamburg von 1919 bis 1969 wurde ich von Journalistinnen gefragt, in welchem Museum die Ausstellung meines Erachtens ihren Platz finden sollte. Spontan habe ich geantwortet: "Im HamburgMuseum(Museum für Hamburgische Geschichte, Holstenwall)." Schließlich geht es um das Schicksal von Hamburgerinnen und Hamburger bzw. das, was ihnen in Hamburg angetan wurde.

Nun hatte ich mir in dem Museum zuletzt zum wiederholten Male die Ausstellungsräume zur Geschichte der Juden in Hamburg angesehen. Ansonsten erinnerte ich mich an endlose Schiffsreihen, sympathisch veraltete Einrichtungen mit Knöpfchen zum Drücken und eine lange Suche nach dem Schulterblatt (vom Wal). Also beschloss ich heute spontan, mir das Ganze nochmal anzusehen und gleichzeitig die Gelegenheit zu nutzen, um doch noch die Lindley-Ausstellung zu sehen (siehe nächster Beitrag).

Um es gleich vorweg zu sagen: Es wäre der richtige Platz! Davon bin ich jetzt mehr denn je überzeugt. Denn das Museum hat merkwürdige blinde Flecken - da schadete es gar nicht, den einen oder anderen Aspekt der Geschichte Hamburgs hinzuzufügen. Jedenfalls gibt es im Untergeschoss in einem vor kurzem überarbeiteten Teil zwar einige Schautafeln zu Verfolgten der Nazizeit, aber nur zu Judenverfolgung, Verfolgung politischer Gegner und Verfolgung von Menschen mit anderem Musikgeschmack. Menschen mit Behinderung, Roma und Homosexuelle werden lediglich in einem Halbsatz knapp erwähnt.

Tja, und wie das denn so ist: Nachdem ich dies festgestellt hatte, bin ich nochmal mit einem neuen Blick durch die Museumsräume. Mit gleichstellungspolitischer Brille betrachtet lässt sich festhalten - a) Hamburger Geschichte ist Männersache, Frauen tauchen wirklich nur am Rande (bzw. im häuslichen Rahmen) auf, b) gesellschaftliche Umbrüche der letzten jahrzehnte beinhalten zwar die Hafenstraße, Atomkraftgegner und die Grünen, aber keine feministische Bewegung (noch nicht mal die reine Frauenliste der GAL) und c) Sex spielt keine Rolle, selbst wenn es um Vergnügungen, Unterhaltung und St. Pauli geht (wenn man von einer einsamen Aufnahme im Schmidt's mal absieht). Irgendwie bemüht seriös, daher prüde!

Dann habe ich aber in einem kleinen Kabinett doch noch etwas gefunden: Zumindest vorübergehend ist ein Gemäde der Malerin Else Haensgen-Dingkuhn zu sehen, das das Leben auf der Großen Freiheit zeigt.

09. Mai 2009

Picknick

Drei Damen beim Picknick

Manchmal, wie zu selten, ist Politik ein sehr entspanntes Geschäft! Heute jedenfalls tragen sich einige Altonaer SPDler und Genossinnen sowie solche, die es hoffentlich noch werden, in einem kleinen Park über der Elbe und grillten so vor sich hin.

Das Wetter war gut, Olaf Scholz bedankte sich schon mal im Voraus für die Unterstützung im aufziehenden Wahlkampf - und große und kleine, junge und alte Menschen waren's zufrieden.

08. Mai 2009

Verfolgung Homosexueller 19-09

Dr. Gottfried Lorenz und Ulf Bollmann führten durch die Ausstellung

Sie sollten sich die Ausstellung im Rathaus-Foyer 1919-2009 ansehen! Eigentlich nicht zu fassen - einerseits, was von den Verbrechen der Nazizeit an Homosexuellen nach '45 alles ignoriert und unter den Teppich gekehrt wurde (und damit z.B. Entschädigung verhinderte), andererseits, was auch nach '45 noch bis in die Neuzeit (80er Jahre!) staatlicherseits angerichtet wurde.

Das ist ein Teil Hamburger Geschichte, dem wir uns stellen müssen. Homophobie ist ja keineswegs ausgestorben. Wo bleibt eigentlich die vom Senat angekündigte Justizabteilung Vielfalt?

Siehe auch: Stolpersteine gegen das Vergessen



DATENSCHUTZ