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GLEICHSTELLUNG

Gleiche Arbeit - gleicher Lohn

Die ganze Stadt im Blick
Altona weiter vorn

Gabi Dobusch

Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft

Hamburg 2020: Theatermetropole Hamburg - Förderung der Freien Tanz- und Theaterszene und besonderer Theateraktivitäten

Haushaltsplan-Entwurf 2011/2012
EP 3.3
Hamburg hat über lange Jahre hinweg von einer äußerst lebendigen kreativen Freien Tanz- und Theaterszene profitiert, die nicht unwesentlich zum Ruf als Theatermetropole beigetragen hat. Nach aktuellen Schätzungen gehören der Szene derzeit etwa 1.500 Kulturschaffende an, häufig Absolventinnen und Absolventen einer der vielen renommierten Bildungs- und Ausbildungsgängen in Hamburg, die in wechselnden Zusammensetzungen und in unterschiedlichsten Formen und Formaten agieren, und sich zudem eine Vielzahl von Spielstätten erobert haben und immer wieder neu erobern. Allerdings waren und sind die Produktionsbedingungen keine guten. Das durchschnittliche Jahreseinkommen von darstellenden Künstlerinnen und Künstlern beträgt nach einer aktuellen bundesweiten Studie bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 45 Stunden lediglich 11.500 Euro. Der Kulturausschuss hat sich im Juni diesen Jahres mit der unter Leitung von Prof. Dr. Müller-Schöll von der Universität Hamburg erarbeiteten "Potentialanalyse der freien Theater- und Tanzszene in Hamburg" befasst. In dieser wird zudem festgestellt, dass die Theaterschaffenden in Hamburg nur unzureichende Arbeitsbedingungen vorfinden, weshalb die Stadt im letzten Jahrzehnt zunehmend den Anschluss an die Entwicklungen der freien Szene verloren hat und starke Abwanderungstendenzen eingesetzt haben in die Städte, die über angemessene Förderinstrumente und/oder günstigere Probe-, Aufführungs- und nicht zuletzt auch Wohnmöglichkeiten verfügen. Hamburg wird daher seinem Anspruch, Theatermetropole zu sein, in dem besonders innovativen und stilbildenden Bereich der freien Szene immer weniger gerecht.
Diesen Trend gilt es umzukehren und dafür zu sorgen, dass Hamburg als Lebens- und Arbeitsmittelpunkt für Theaterschaffende wieder attraktiv wird. Es muss sichergestellt werden, dass die in Hamburg bereits ansässigen Künstlerinnen und Künstler, und auch die vielen hochqualifizierten Absolventinnen und Absolventen der Hamburgischen Hochschulen, ihre Potentiale künftig besser ausschöpfen und mit Hilfe eines angemessenen Fördersystems Produktionen und Formate entwickeln können, die für ein theaterinteressiertes Publikum attraktiv sind und gleichzeitig neue Impulse für die Theaterlandschaft insgesamt geben. Zudem muss die Stadt wieder anziehend für Regisseurinnen und Regisseure, Schauspielerinnen und Schauspieler, Choreographinnen und Choreographen sowie Tänzerinnen und Tänzer von außerhalb sein, die ihre kreativen Ideen in die Hamburger Theaterszene tragen. Dies gilt umso mehr, da es in Hamburg immer wieder gelungen ist, kreative Impulse durch Tanz- und Theaterfestivals zu bündeln, neue Spielstätten im städtischen Raum zu erobern und Hamburg aktuell mit Kampnagel über eines der größten freien Produktions- und Aufführungszentren Europas sowie über eine Vielzahl von ambitioniert geführten, auch als Spielstätten des freien Theaters fungierende Privattheater verfügt. Um diese Möglichkeiten angemessen ausschöpfen bzw. bespielen und innovativen Impulsen Raum geben zu können, müssen die Rahmenbedingungen für die freie Theater- und Tanzszene in Hamburg verbessert werden.
In der Potentialanalyse wird, neben einer Reihe von haushaltsneutralen Empfehlungen, die zeitnah umgesetzt werden können, auch eine drastische Erhöhung der Fördermittel vorgeschlagen, die so nur mittel- bzw. langfristig umsetzbar sein wird. Einige Maßnahmen, die vor allem den Off-Theatern zugute kämen, sollten geprüft und mittelfristig in Angriff genommen werden. Angesichts der besonderen Bedeutung des Themas für die Kultur in Hamburg ist es aber erforderlich, schon jetzt in die Umsetzung einzelner Empfehlungen, die die Einführung neuer Förderinstrumente beinhalten und der freien Szene unmittelbar zugute kommen, einzusteigen.
1. Mit einer spartenübergreifenden und altersunabhängigen Nachwuchsförderung könnte Einsteigerinnen und Einsteigern im Theaterbereich eine erste kleinere professionelle Arbeit ermöglicht werden, ohne in ein und demselben Juryverfahren mit bereits etablierteren Künstlerinnen und Künstlern um Fördermittel konkurrieren zu müssen.
2. Mit der Einführung einer mehrjährigen spartenübergreifenden Konzeptionsförderung könnte erfahreneren Künstlerinnen und Künstlern über drei Jahre eine planbare Unterstützung gewährt werden, die die Voraussetzung schafft, damit sich Künstlerinnen und Künstler mit Aussicht auf Erfolg insbesondere um Bundesmittel bewerben können, deren Vergabe die Gewährung von Landesmitteln in gleicher Höhe voraussetzt.
3. Da die heutige Fördersystematik auf die Unterstützung von Neuproduktionen abzielt, ist es unerlässlich, eine eigene Förderstruktur für Festivalformate einzurichten, da diese der gesamten freien Theater- und Tanzszene zugute kommen, weil sie als Plattformen schlaglichtartig Aufmerksamkeit schaffen können und gleichzeitig den aus künstlerischer Sicht so wichtigen Austausch ermöglichen. Ohne eine planbare Grundförderung durch die Stadt, lassen sich die oben beschriebenen Ziele indes kaum erreichen, zumal auch Drittmittelgeber ihre Unterstützung für Festivalformate generell von einem Engagement der Freien und Hansestadt Hamburg abhängig machen.

Die Bürgerschaft möge beschließen:
1. Der Senat wird ersucht,
a) zu prüfen,
- welche Möglichkeiten einer Wiederaufnahmeförderung bestehen;
- inwieweit die Rahmenbedingungen für die Arbeit der freien Kinder- und Jugendtheaterszene verbessert werden können;
- inwieweit die Kreativgesellschaft dem Beratungsbedarf in Hinblick auf Proberäume, Fördermittel, Technikpool etc. gerecht werden kann oder inwieweit ggf. ab 2013 andere Träger mit Serviceaufgaben zu betrauen sind;
- wie Insertionsverfahren von den Theater- und Tanzschaffenden beurteilt werden und inwieweit Alternativen bestehen, die gegebenenfalls zusammen mit den Medien vorangebracht werden könnten;
- inwieweit Initiativen zum Dialog (Theater-)Wissenschaft, Theaterakademie auch mit Freier und Off-Szene, Wissensvermittlung, Netzwerk, Kooperation, Fortbildung, Impulse, auch unter Berücksichtigung interkultureller Aspekte, unterstützt werden könnten.

b) der Bürgerschaft bis zum 30.06.2012 hierüber zu berichten.

2. Der Senat wird ersucht,
- die Vergabeverfahren unabhängig von den zusätzlich einzuführenden Förderinstrumenten neu zu gestalten - insbesondere
o bei der Zusammensetzung der Jury das Benennungsverfahren transparenter zu gestalten,
o eine Befristung der Jurymitgliedschaft einzuführen;
- sowie gemeinsam mit der freien Szene die Festivalstrukturen zu verbessern und dabei ein besonderes Augenmerk darauf zu richten, dass diese dem Anspruch gerecht werden, eine Plattform für die Vielfalt des Freien Theaters in Hamburg unter besonderer Berücksichtigung des künstlerischen Nachwuchs zu sein.

3. Im Haushaltsplan-Entwurf 2011/2012 wird im Haushaltsjahr 2012 der
Titel 3920.686.02 "Förderung besonderer Theateraktivitäten"
von 374.000 Euro
um 100.000 Euro
auf 474.000 Euro
erhöht.
Zur Deckung des Mehrbedarfs wird im Haushaltsjahr 2012 der
Titel 3720.686.30 "Besondere Kulturförderung"
von 500.000 Euro
um 100.000 Euro
auf 400.000 Euro
gesenkt.

Antrag

Hamburgische Bürgerschaft
22.11.2011

Von den Abgeordneten:
Gabi Dobusch, Gunnar Eisold, Andy Grote, Birte Gutzki-Heitmann, Gerhard Lein, Christel Oldenburg, Mathias Petersen, Wolfgang Rose, Isabella Vértes-Schütter



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