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WOHNUNGSBAU

Bezahlbares Wohnen

Die ganze Stadt im Blick
Altona weiter vorn

Gabi Dobusch

Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft

Stadtentwicklung am Wasser - Neue Perspektiven für Hamburgs Wasserlagen

Hamburg ist die grüne, gerechte und wachsende Stadt am Wasser. Von Beginn an spielten die Wasserlagen in Hamburg eine zentrale Bedeutung für verschiedene Aspekte der Stadtentwicklung: Freizeit und Erholung, Warentransport, Alster- und Elbeschifffahrt, wesentlicher Bestandteil des Grünen Netzes der Stadt, Lebensraum für Fauna und Flora, Sport, gewerbliche Nutzung, begehrte Wohnlage in allen Teilen der Stadt. Die Nutzungen wandeln sich: die gewerbliche Nutzung verliert an Bedeutung, aber gerade im Einzugsbereich der Alster ist zu beobachten, dass die Freizeitnutzung stark zugenommen hat. Gerade in den besonders warmen Sommern seit 2018, und verstärkt in Corona-Zeiten, haben die Hamburger*innen diesen Erholungsraum entdeckt. Die Vielzahl von Nutzungen führt an der einen oder anderen Stelle zu Konflikten zwischen den Beteiligten und auch die Natur im Uferbereich leidet.

Und doch gibt es Gewässer in Hamburg, die für die Freizeitnutzung noch fast unentdeckt sind. Dies gilt z. B. für Teile der Bille und ihrer Kanäle, die für die Freizeitnutzung so lange unattraktiv sind, wie sie über keine nennenswerte Freizeitinfrastruktur verfügen - geprägt von unattraktiven gewerblichen Ufernutzungen (z. B. Billbrook), eingeschränkter Zugänglichkeit durch Kleingartenanlagen (z. B. Billerhuder Insel) oder Bauvorhaben/Grundstücke ohne öffentlichen Zugang zum Wasser. Auch Wilhelmsburgs Wasserflächen mit ihren Bracks, der Dove Elbe und den Industriekanälen haben große Potentiale. An verschiedenen Wasserwegen ist die ökologische Situation nicht zufriedenstellend und Sedimentation schränkt die Nutzung ein.

Der Hamburger Senat hat durch eine Vielzahl von Projekten in unterschiedlichen Teilen der Stadt im Laufe der Zeit Wasserlagen aufgewertet, die biologische Vielfalt verbessert und die Wasserlagen stärker in die Entwicklung der Stadtteile und der neuen (Wohn-)Quartiere integriert (z. B. im Zuge der IBA 2013 oder dem Senatskonzepts "Stromaufwärts an Elbe und Bille" von 2015 und dem Rahmenplan Stadteingang Elbbrücken mit dem neuen Billepark 2021 bzw. dem in Teilen bereits umgesetzten Alster-Bille-Elbe-Grünzug).

Im Januar dieses Jahres hat die Stiftung Lebensraum Elbe vom Bund das von ihr vorgeschlagene Naturschutzgroßprojekt für die Hamburger Wasserwege genehmigt bekommen und unmittelbar mit der Arbeit begonnen. Damit verbunden ist die finanzielle Ausstattung, dies in den kommenden zehn Jahren zu planen und umzusetzen. Dabei steht vor allem die ökologische Entwicklung von Hamburgs Wasseradern im Vordergrund.


Mit dem neuen Naturschutzgroßprojekt wird es möglich, die Gewässer im Einzugsgebiet von Alster, Bille und Unterelbe ökologisch über die Vorgaben der EU-Wasserrahmenrichtlinie hinaus weiter aufzuwerten. Die Stiftung Lebensraum Elbe handelt dabei autonom, vernetzt sich aber mit allen Gruppen, Verwaltungen und Institutionen, die sich über die Fortentwicklung der Gewässerbereiche Gedanken machen. So besteht die Gelegenheit, die Freizeitbedürfnisse der Hamburger Bevölkerung mit den Naturbedürfnissen zusammenzudenken.

Somit sind gute Voraussetzungen vorhanden, in diesem Teil der Stadt die "blaue" und die "grüne" Infrastruktur besser zu verknüpfen. Angesichts der zahlreichen Beteiligten bedarf es allerdings eines Prozesses, welcher die Stakeholder mit einbezieht und einen Entwicklungsrahmen für die unterschiedlichen Wasserlagen vorgibt.

Nach wie vor sind viele Wasserflächen insbesondere in den östlich der Innenstadt gelegenen Stadtteilen und in Wilhelmsburg unzugänglich, obwohl der teilweise "raue Charme" der daran liegenden Stadtteile durchaus dazu einladen könnte, diese vom Wasser her zu erkunden. Diese Gewässer wurden bisher noch nicht daraufhin unter-sucht, wieweit sie für die Freizeitnutzung der Hamburger Bevölkerung attraktiver gemacht werden können (z. B. Rahmenplan Stadteingang Elbbrücken mit dem neuen Billepark, Alster-Bille-Elbe-Grünzug, Rahmenplan südliches Billebecken, RISE-Gebiet Wilhelmsburg-Ost). Für weitere Bereiche sind ebenfalls Ansätze und Konzepte denkbar: So fehlt es an naturnah gestalteten Uferzonen, die an definierten Abschnitten eine öffentliche Nutzung ermöglichen, z. B. durch die Anlage von frei nutzbaren Stegen. Niedrigschwellige Gastronomie, Kanuverleihe und auch Toilettenanlagen können den Aufenthalt in diesen Bereichen attraktiv machen. Auch experimentelle Formen von Aneignung des öffentlichen (Wasser-)Raumes sind vorstellbar. Dabei sind die ökologischen Belange und die Wasserrahmenrichtlinie zu berücksichtigen, sodass ein vielfältiger Mehrwert im Sinne der blau-grünen Infrastruktur entsteht.


Die Bürgerschaft möge beschließen:

Der Senat wird ersucht,

1. im Rahmen der Erarbeitung eines neuen gesamtstädtischen Räumlichen Leitbildes für Hamburg Eckpunkte eines Entwicklungskonzepts für die Hamburger Wasserlagen zu erarbeiten. Dabei sollen insbesondere solche Wasserlagen identifiziert werden, die sich für eine stärkere Freizeit- und Wassersportnutzung eignen und solche, die eher der ruhigen Erholung dienen sollen;

2. vorliegende Konzepte und Projekte auszuwerten und in eine innovative Entwicklungsstrategie einzubeziehen (z. B. das Gutachten des Bezirksamts Hamburg Nord zur Weiterentwicklung des Stadtparks oder den Rahmenplan Stadteingang Elbbrücken mit dem Konzept für den neuen Billepark);

3. in einem nächsten Schritt spezifische Maßnahmenvorschläge für einzelne Orte vorzulegen. Dabei ist die städtebauliche Situation der Wasserlagen im Stadtraum ebenso zu berücksichtigen wie die verschiedenen Nutzungsinteressen aus den Stadtteilen und Quartieren. Orte für eine stärkere Freizeit- und Wassersportnutzung sind dabei besonders zu berücksichtigen;

4. die Gewässersituation und die Belastung mit Schadstoffen der Kanäle im Hamburger Osten und in Wilhelmsburg darzustellen sowie denkbare Sanierungsmaßnahmen zu skizzieren;

5. der Bürgerschaft bis zum 30.09.2024 zu berichten.

Antrag

Hamburgische Bürgerschaft
08.08.2022

Von den Abgeordneten:
Matthias Czech, Gabi Dobusch, Sabine Jansen, Dirk Kienscherf, Martina Koeppen, Gulfam Malik, Alexander Mohrenberg, Christel Oldenburg, Lars Pochnicht, Marc Schemmel, Tim Stoberock, Philine Sturzenbecher, Sarah Timmann, Michael Weinreich, Dagmar Wiedemann, Güngör Yilmaz



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