+

WOHNUNGSBAU

Bezahlbares Wohnen

Die ganze Stadt im Blick
Altona weiter vorn

Gabi Dobusch

Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft

Klarer Kurs in stürmischen Zeiten: Zukunftsstadt Hamburg - für bezahlbares Wohnen, nachhaltiges Bauen und erfolgreiche Stadtentwicklung

Städte sind Motoren für Ideen, Austausch, Innovationen und Hoffnungen. In der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts lebten weltweit erstmalig mehr als 50 Prozent der Menschen in Städten. Prognosen der Vereinten Nationen gehen für 2050 von rund 70 Prozent der Weltbevölkerung in urbanen Gebieten aus. In Deutschland waren es bereits 2012 über 75 Prozent. Hamburg kommt als größter Stadt im Norden der Europäischen Union vor diesem Hintergrund eine besondere Bedeutung zu.

Hamburgs Zukunft wollen SPD und GRÜNE gemeinsam mit den Hamburger:innen sozial, gerecht, ökologisch und demokratisch voranbringen. Bereits in der ersten Hälfte der 22. Legislaturperiode ist es Rot-Grün gelungen, viele Zukunftsaufgaben anzugehen, um Hamburg auch im 21. Jahrhundert erfolgreich, lebenswert und resilient zu entwickeln. Dabei alle Bedürfnisse der Stadtgesellschaft im Blick zu haben und die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft zu etwas Gutem gelingend zu gestalten, sind handlungsleitend für die Regierungskoalition.

Die Covid-19-Pandemie und der russische Angriffskrieg stellen auch die Stadtentwicklung Hamburgs vor neue Anforderungen, die es zu bewältigen gilt. Neben den Einschränkungen des öffentlichen Lebens während der ersten zwei Pandemiejahre und den sich verändernden geo- und sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen aufgrund des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine muss sich Hamburg als weltoffene Stadt auch auf die weltweiten Flucht- und Migrationsbewegungen sowie die Umbauprozesse in der Energiegewinnung und -nutzung einstellen. Ebenso müssen die Auswirkungen des globalen Klimawandels, der Zins- und Baukostenentwicklung sowie technologische Fortschritte in allen Bereichen der Stadtentwicklung bedacht und sozial gerecht abgefedert werden.

A. Wohnungsbau

Von dauerhaft hoher Bedeutung für eine zukunftsfeste Stadtentwicklung ist, dass Hamburg sich weiterhin konsequent für den Bau und den Schutz bezahlbaren und klimagerechten Wohnraums einsetzen wird. Mit Hilfe des Bündnisses für das Wohnen zwischen der Stadt und der Wohnungswirtschaft und unter partnerschaftlicher Beratung der Mietervereine sowie dem Vertrag für Hamburg mit den Bezirken ist es Hamburg gelungen, von 2011 bis 2021 84.275 Wohnungen fertigzustellen und über 116.000 Baugenehmigungen zu erteilen. Im Rekordjahr 2020 wurden sogar so viele Wohnungen gebaut wie seit 1974 nicht mehr. Mit 23.647 fertiggestellten geförderten Wohnungen in diesem Zeitraum liegt Hamburg an der Spitze aller Bundesländer. Es ist damit gelungen, den Sozialwohnungsbestand zu stabilisieren. Ab 2021 sollen regelhaft mindestens 35 Prozent geförderte Wohnungen auf privaten Flächen entstehen. Durch eine gemeinsame Aktion aller Beteiligten sollen die Baugenehmigungsverfahren weiter vereinfacht und beschleunigt werden. Dafür wollen SPD und GRÜNE bei Bauvorhaben ab einer relevanten Größe von Wohneinheiten regelhaft Bauantragskonferenzen zu einem geeigneten Zeitpunkt den Bauverfahren vorschalten.

SPD und GRÜNE begrüßen zudem die Einigung mit den Volksinitiativen "Keine Profite mit Boden & Miete". Durch die Einigung werden zukünftig in Hamburg noch mehr dauerhafte günstige Wohnungen auf städtischem Grund entstehen. Dies stellt eine Zeitenwende in der Bodenpolitik dar und setzt mit hundertjährigen Bindungen ein bundesweit einmaliges Signal für eine gemeinwohlorientierte Wohnungspolitik. Auf Grundlage der Einigung mit den Volksinitiativen (Drs. 22/9844 und 22/9845) gilt es jetzt, die richtigen Vorbereitungen zu deren Umsetzung zu vollziehen. Dafür soll gemeinsam mit den Bezirken ein geeignetes Verfahren entwickelt werden, wie alle Hamburger Bezirke sich an der Umsetzung der Einigung mit der Volksinitiative "Keine Profite mit Boden & Miete" (Drs. 22/9844 und 22/9845) beteiligen.

Vor dem Hintergrund der teilweise dramatischen Veränderung der wohnungswirtschaftlichen Rahmenbedingungen sowie durch die Pandemie unterbrochenen Lieferketten und den zum Teil teurer werdenden Baustoffen und dem Fachkräftemangel am Arbeitsmarkt steht die Wohnungs- und Bauwirtschaft vor enormen Herausforderungen. Hinzu kommt nun der russische Angriffskrieg auf die Ukraine und die damit verbundenen Sanktionen, die die Baukosten noch weiter ansteigen lassen. Diese grundsätzlich veränderten Rahmenbedingungen gilt es zu analysieren und in eine zukünftige Wohnungsbaustrategie einzuarbeiten.

Der Hamburger Senat hat die Wohnraumförderung unterjährig in 2022 noch einmal verbessert, um unter den beschriebenen schwierigen Rahmenbedingungen Planungssicherheit für laufende Bauvorhaben zu gewähren. Dafür setzt Hamburg die zusätzlichen Bundesmittel aus der Verwaltungsvereinbarung für den sozialen Wohnungsbau - den Anteil an der sogenannten "Klimamilliarde" - vollständig für die Neubau-Förderung ein. Für 2023 und 2024 führt die Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen die Zahlungen an die Hamburgische Investitions- und Förderbank (IFB) zur Wohnraumförderung mit nahezu 300 Millionen Euro auf einem weiterhin sehr hohen Niveau fort. Von 2011 bis 2022 sind insgesamt rund 1,6 Milliarden Euro aus dem städtischen Haushalt in die Wohnraumförderung geflossen.

Mit der SAGA verfügt Hamburg bereits über das größte kommunale Wohnungsunternehmen Deutschlands. Ein Verkauf des Wohnungsbestands der SAGA ist im Sinne einer verantwortlichen städtischen Wohnungspolitik für die Koalition ausgeschlossen. Die SAGA und die Wohnungsbaugenossenschaften halten zusammen über ein Drittel der Hamburger Mietwohnungen. Sie sind damit ein Garant für bezahlbaren Wohnraum in Hamburg.

Die SAGA plant gemeinsam mit der HANSA-Baugenossenschaft auf der Horner Geest für die Pilotierung ein wichtiges Zukunftsprojekt: Mit dem Flotten- und Quartiersansatz soll erprobt werden, dass das CO2-Einsparpotential bei der Betrachtung der energetischen Modernisierung von ganzen Quartieren zu größeren Effekten führt als bei einem Fokus auf einzelne Gebäude. Die geringeren Effekte auf die Miete sind darzustellen. Beim Erreichen der Klimaziele im Gebäudesektor wollen SPD und GRÜNE den Schwerpunkt auf die Gebäude legen, die eine besonders schlechte Energiebilanz haben und somit durch Sanierung und Modernisierung die CO2-Einspareffekte bei diesen Gebäudetypen am größten sind. Daher soll auf Grundlage der umsetzungsorientierten Machbarkeitsstudie für die Zukunft ein verbindlicher Sanierungsplan als Umsetzungsstrategie für den Hamburger Gebäudesektor entwickelt und fortgeschrieben werden, der sich strikt an der Einhaltung der Hamburger Klimaziele orientiert.

B. Neue Wohngemeinnützigkeit

Im Rahmen der Neuen Wohngemeinnützigkeit werden auf Bundesebene neue Instrumente entwickelt, die ein weiteres Segment im Feld der Wohnraumförderung hervorbringen werden. Hamburg soll sich im Bund dafür stark machen, dass im Zuge dessen auch eine Förderung für Bestandswohnungen möglich gemacht wird, wenn Vermieter:innen sich an zu entwickelnde gesetzlich vorgeschriebene faire Rahmenbedingungen halten. Beispielsweise könnte das eine dauerhafte Mietreduktion unterhalb des Mittelwertes des jeweiligen Mietenspiegels sein.

Der Wohnungsmarkt in den großen Metropolen ist - u. a. aufgrund stetig steigender Bevölkerungs- und Haushaltszahlen - nach wie vor sehr angespannt. Die Mieten- und Kaufpreisentwicklung kennt trotz einer Reihe von Warnungen namhafter Institute und Publikationen für deutliche Warnzeichen einer Blasenbildung im Immobilienmarkt nur einen Weg - den nach oben.

Die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) hat im September 2021 eine Schrift herausgebracht, in der ein Konzept für mehr bezahlbaren Wohnraum im Bestand - die "Gemeinwohlwohnung" - skizziert und durchgerechnet wird.

Bei diesem Modell wird gesellschaftlich verantwortliches Handeln honoriert: Die Eigentümer:innen verzichten mit entsprechender Erklärung auf einen Teil der Miete und vermieten die entsprechenden Wohnungen nur an Miethaushalte mit Wohnberechtigungsschein. Im Gegenzug stellt das Finanzamt die Einnahmen aus der jeweiligen Wohnung steuerfrei. Die Erklärung zu einer gemeinwohlorientierten Vermietung der Wohnung erfolgt mit der Steuererklärung und gilt dauerhaft. Der Umfang des Mietverzichts orientiert sich am örtlichen Mietenspiegel. Die Zielmiete muss mindestens 15 Prozent unter dem konkreten Mietenspiegelniveau liegen, damit der beschriebene Mechanismus greift und gilt auch im Falle eines Verkaufs der Wohnung.

Das Konzept der Gemeinwohlwohnung ist massentauglich und niedrigschwellig zu realisieren. Es unterbreitet ein Angebot für Akteur:innen, die langfristige Bestandshaltungsstrategien verfolgen und daher für gemeinwohlorientiertes Handeln zu gewinnen sind - ohne dass ein Wechsel der Rechtsform erfolgen muss. Es vergrößert zum einen massiv den Kreis der Adressat:innen für mehr Bezahlbarkeit und Bindungen und zum anderen die Anzahl der damit erreichten Wohneinheiten.

C. Wohnstifte

Mit der Drucksache 21/15409 hatte die Bürgerschaft im November 2018 für den Haushaltsplan 2019/2020 beschlossen, für den Zeitraum 2019 bis 2022 befristet eine Koordinierungsstelle für Hamburger Wohnstifte zu schaffen. Die Stelle wurde in der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen eingerichtet.

Die Koordinierungsstelle Wohnstifte ist als zentrale Ansprechpartnerin für Hamburger Wohnstiftungen, ihre Verwaltungen und Interessensvertretungen, die in Bezug auf bauliche Veränderungen oder Neubauten und deren Finanzierung mit Fragen oder Hemmnissen konfrontiert sind, angelegt worden. Die Koordinierungsstelle arbeitet seitdem sehr erfolgreich zur Unterstützung der Wohnstifte. Die Einrichtung dieser Koordinierungsstelle in der Fachbehörde sollte zunächst zeitlich befristet sein, da ursprünglich im Jahr 2022 die Frist zur baulichen Herstellung der Barrierefreiheit in den Servicewohnanlagen (früher "Betreutes Wohnen" oder "Altenwohnanlage") ausgelaufen wäre. Diese Frist wurde verlängert.

Die Wohnstifte haben sich mittlerweile durch die Aktivitäten der Fachbehörde selbst eine Vernetzungsstelle geschaffen, um gemeinsame Aktivitäten voranzutreiben und den Informationsaustausch zu verbessern: das Hamburger Bündnis für Wohnstifte. Die Koordinierungsstelle der Fachbehörde und die des Hamburger Bündnis für Wohnstifte müssen aus diesen Gründen fortgesetzt und weiterhin in der Umsetzung der Barrierefreiheit, der Erschließung von Nachverdichtungspotenzialen sowie Neubauaktivitäten in den großen Stadtentwicklungsvorhaben unterstützt werden.

D. Genossenschaften

Wohnungsbaugenossenschaften stellen mit ca. 130.000 Wohnungen eine tragende Säule der Hamburgischen Wohnraumversorgung dar. Genossenschaften sind zudem für das soziale Miteinander in den Quartieren ein wichtiger Baustein - unterstützen und initiieren sie doch vielfach soziale und kulturelle Initiativen und bürgerschaftliches Engage-ment. Bei den Genossenschaften steht der Gedanke des Für- und Miteinanders im Vordergrund.

Durch die aktuell veränderten Marktbedingungen stehen vor allem kleine und junge Genossenschaften unter erheblichem Kostendruck. Um die Eigenkapitalquote der Kreditrahmen zu gewährleisten, ist der Erwerb von Genossenschaftsanteilen durch die jeweiligen Genossenschaftsmitglieder vor allem im unteren Einkommenssegment zu gewährleisten und abzusichern. Um das Ziel der Realisierung von 20 Prozent Baugemeinschaften bei den anstehenden Stadtentwicklungsvorhaben weiterhin mit Nachdruck umzusetzen, ist hier eine besondere Dringlichkeit geboten. Auf Bundesebene wurde diesbezüglich reagiert und der Förderrahmen zum Erwerb von Genossenschaftsanteilen auf 100.000 Euro zum 04.10.2022 erhöht. Dies soll in Hamburg analog zzgl. eines Bürgschaftsrahmens und einer Förderkomponente in Höhe von 15 Prozent pro Antrag durch die IFB umgesetzt werden.


E. Neue Dachgenossenschaft

In der Gesellschaft wächst zunehmend der Wunsch nach Wohnmöglichkeiten mit mehr oder weniger ausgeprägten gemeinschaftlichen und generationsübergreifenden Elementen.

Kleinen lokalen Initiativen und Gruppen, die ihre gemeinschaftlichen Wohn- und Arbeitsideen genossenschaftlich organisieren wollen, stehen durch Gründungsaufwand, Vorstandsverantwortung sowie laufendes Management und Verwaltung eine Vielzahl an Hürden im Wege. Zudem sind neue, eigenständige Projektgenossenschaften mit hohen Grundstücks- und Baukosten konfrontiert. Sie müssen das zum Neubau oder Erwerb notwendige Eigenkapital (rund 20 Prozent) vollständig aus den Beiträgen der wohnenden Mitglieder erbringen, was die Gründung von Kleingenossenschaften und damit eine Sicherheit über eigenen Wohnraum zu einem sozial-exklusiven Weg macht.


Die Stadt Tübingen geht einen neuen innovativen Weg. Tübingen hat eine städtische Dachgenossenschaft gegründet, die es den Initiativen ermöglicht, ihre Projekte sicherer realisierungsfähig zu machen, bei Erhalt ihrer Autonomie. Sie hat sich nicht nur durch ihre Mitgliedschaft, sondern auch organisatorisch und finanziell mit 4 Millionen Euro am Aufbau der Genossenschaft beteiligt. Außerdem stellen das Land Baden-Württemberg und die Stadt Tübingen 2 Millionen Euro für einen Solidarfonds zur Verfügung, um das Eigenkapitalproblem von Haushalten mit geringen Einkommen zu entschärfen. Zur Deckung der Baukosten sind 8 Millionen Euro Eigenkapital erforderlich. Etwa die Hälfte des Eigenkapitals soll durch die wohnenden Mitglieder zur Verfügung gestellt werden, die andere Hälfte wird durch den Solidarfonds gedeckt. Der Grundstock des Sozialfonds beträgt 4 Millionen Euro. Die Hälfte davon wird durch Nachrangdarlehen von Mitgliedern (also Darlehen mit bedingtem Rückzahlungsanspruch) finanziert werden.


An diesem Modell kann Hamburg sich orientieren, um mehr Genossenschaftsgründungen - sei es als Wohngenossenschaft oder gewerblich orientierte wie bspw. fux eG oder Kolbenwerk - zu ermöglichen. Eine Dachgenossenschaft in dieser Form hat zudem den Vorteil, dass Mieter:innen, deren Haus vom Verkauf bedroht ist, den Eigentümer:innen als starke Mieter:innengemeinschaft unter dem Dach der Genossenschaft ein Angebot zum Erwerb der Immobilie machen können.


Der angestrebte Solidarfonds, angesiedelt bei der IFB, bietet den jeweiligen Projektgruppenmitgliedern und Fördermitgliedern wie bspw. Einzelpersonen aber auch Verbänden und Institutionen, eine sichere Anlagemöglichkeit, die einen sozial und gemeinwohlorientierten Kapitaleinsatz gewährleistet.


Die städtischen Einlagen sind Zukunftsinvestitionen, die sich in den nächsten Jahrzehnten mehr als nur kapitalseitig betrachtet rentieren. Sie sind eine Investition in einen Beitrag für mehr Gemeinschaft, Solidarität und Nachhaltigkeit.


F. Mieten

Für SPD und GRÜNE ist ein starker Mieter:innenschutz eine wichtige Säule einer sozial gerechten Stadtentwicklung. Hamburg schöpft beim Mieter:innenschutz alle rechtlichen Möglichkeiten aus. So leben mittlerweile circa 317.000 Hamburger:innen in 16 Gebieten, in denen eine Soziale Erhaltungsverordnung gilt. Weitere Gebiete werden geprüft. Die verschärfte Mietpreisbremse wurde für ganz Hamburg bis 2025 verlängert. In Hamburg gilt ab Mitte 2021 ein flächenhafter Umwandlungsschutz von Miet- in Eigentumswohnungen. Damit werden Mieter:innen besser vor Verdrängung geschützt. Wir haben den Wohnraumschutz in Hamburg gestärkt. Zweckentfremdungen sind verboten und die Vermietung von Wohnraum als Ferienwohnungen ist auf maximal zwei Monate im Jahr begrenzt. Die Kappungsgrenze legt fest, wie stark die Miete in drei Jahren im Bestand steigen darf. Wir haben sie auf 15 Prozent gesenkt und werden für Hamburg die durch die Ampelkoalition avisierten 11 Prozent umgehend über eine entsprechende Verordnung umsetzen. Neben bereits angeschobenen Initiativen bei der Vermietung von möblierten Wohnungen (Drs. 21/18917) strebt die Regierungskoalition in Hamburg weitere Verbesserungen im Mietrecht an. So sollen Vermieter, die die Mietpreisbremse überschreiten, das Recht auf Eigenbedarfskündigungen verlieren, die Auskunftspflichten des Vermieters vor Vertragsabschluss (§ 556g BGB) an die Informationspflichten angeglichen und Ausnahmen bei der Mietpreisbremse weiter verringert werden. Zudem soll die Rügepflicht bei der Mietpreisbremse und die Befristung der Mietpreisbremse dauerhaft entfallen.

Gleichzeitig müssen die vorhandenen Umgehungstatbestände wie z. B. Kurzzeitvermietungen und die Vermietung von möblierten Wohnungen bezüglich ihrer Auswirkungen auf den Hamburger Wohnungsmarkt noch genauer in den Blick genommen werden. Auf Basis einer derartigen Untersuchung sollten Maßnahmen entwickelt werden, um diese Vermietungsformen auf ein Minimum zu reduzieren und die betroffenen Wohnungen wieder einer regulären Vermietung zuzuführen.


G. Stadtentwicklung

Mit dem über Drs. 22/4410 angeschobenen Baukompetenzzentrum bündelt Hamburg alle Fragen und Aufgaben des Bauens in der Stadt. Vor dem Hintergrund der beschriebenen Kostenexplosion im Bausektor sowie der sich entwickelnden Baukultur bedarf es einer abgestimmten Hamburger Strategie, wie mehr Kostentransparenz und Kostenbewusstsein zum einen sowie auch experimentelles Bauen zum anderen dazu beitragen können, wie sich Hamburg auch zukünftig sozial gerecht, bezahlbar, lebenswert und nachhaltig entwickeln kann. Unter anderem werden multifunktional nutzbare Flächen - auch vor dem Hintergrund wachsender Flächenkonkurrenzen - für eine kluge Stadtentwick-lung immer wichtiger. Das gilt sowohl für die Zukunft des Wohnens und Arbeitens als auch für die Freiflächenplanung. Sowohl für das Wohnen als auch für Freiflächen kann ein Musterprogramm / eine Best-Practice-Sammlung hilfreich sein. Eine Fachveranstaltung mit dem Schwerpunkt multifunktionaler Nutzungen soll zudem durchgeführt werden.

Das Internationale Bauforum 2019 hat mit vielen Ideen und Visionen den Grundstein für eine stadtplanerische Generationenaufgabe gelegt. Mit einem Masterplan Magistralen wird Hamburg die Entwicklung entlang der großen Straßen voranbringen und viele Potentiale zukünftig heben. Sowohl für das Wohnen, für die Mobilitätswende als auch in der Freiflächenplanung werden viele Straßen ihr Gesicht und zum Teil ihre Funktionen ändern. Um diesen Prozess gemeinsam mit den sieben Bezirken und den Hamburger:innen zu gestalten gilt es, sowohl seitens der Bezirke als auch mit Hilfe der Hamburger Behörden eine kontinuierliche Road-Show Magistralen nach Veröffentlichung des Masterplans Magistralen durch alle Bezirke durchzuführen. Ziel der Road-Show soll sein, die aktuellen und anstehenden Planungsprozesse frühzeitig zu begleiten und die Veränderungen zu erklären sowie Impulse und Kritik der Hamburger:innen als Expert:innen vor Ort aufzunehmen.

SPD und GRÜNE wollen auch, dass sich Kinder und Jugendliche mehr an der Entwick-lung der Zukunftsstadt Hamburg beteiligen. Dafür gilt es, gemeinsam mit den Interessenvertreter:innen von Kindern und Jugendlichen, geeignete Instrumente zu entwickeln und diese im Rahmen eines Modellprojekts zu erproben. Ziel ist eine kinder- und jugend-freundliche Stadtplanung, die zum Beispiel in eine Spielleitplanung münden kann. Dabei soll die Stadtwerkstatt mit eingebunden und bestehende Erfahrungen wie bspw. die Ergebnisse des Projekts Kinderstadt, in den Prozess eingewoben werden.


H. Ideenwettbewerb für Hamburgs Dächer

In den vergangenen Jahr(-zehnt)en wurden im Zuge der verschiedenen Stadterweiterungsprojekte und Wohnungsbauziele diverse Baulücken und geeignete Grundstücke erschlossen, sodass sich die Frage stellt, wo in Hamburg noch künftig Platz ist, für neuen Wohnraum, mehr Kultur- und Sportstätten, neue Arbeitsplätze, Erholungsflächen und Naturräume. In diesem Kontext stellen Dachflächen eine besondere Ressource dar: Einerseits stellen sie in gewisser Weise bereits versiegeltes Bauland dar, andererseits ermöglichen Dachaufstockungen, im Bestand zu erweitern und zu verdichten und den Einfluss enormer Bodenkosten auf die Quadratmeterpreise zu verringern und hierbei auch die Graue Energie zu bewahren.

In Anbetracht der massiven Konflikte um städtische Räume ist es gerade in stark verdichteten Innenstädten nicht mehr zeitgemäß, Dächer nur Dächer sein zu lassen. Bereits nach der Wende Anfang der 90er Jahre wurden vielfach Gebäude aufgestockt. Aber Projekte, wie der Bau von Reihenhäusern auf dem Dach von Großwohnsiedlungen in Poissy von Virtuel Arcitecture, die Tree Houses in der Bebelallee in Hamburg von Blauraum Architekten oder auch die Aufstockung des Suffolk House in London von DSDHA Architects zeigen, wie Dachaufstockungen neue Potentiale und Qualitäten bereithalten kön-nen.

Aktuelle Projekte und Programmreihen wie die Dach-Talks, die Dachtage oder die Zwischennutzung des ehemaligen Karstadt-Sport Gebäudes zeigen, dass die Debatte um Dachflächen auch in Hamburg längst wiederaufgelebt ist. Ein besonderes Tätigkeitsfeld bietet sich hierbei vor allem im Rahmen der Magistralenstrategie. Es gilt das kreative Potential Hamburgs, auch für ungewöhnliche Ideen, auszuloten und abzuschöpfen - für mehr Stadt in der Stadt.


Dies vorausgeschickt möge die Bürgerschaft beschließen:

A. Wohnungsbau

Der Senat wird ersucht,

1. gemeinsam mit allen Bezirken und unter Beteiligung des Bündnisses für das Wohnen geeignete Kriterien zum Beispiel für Bauantragskonferenzen zu entwickeln und diese umzusetzen. Diese Konferenzen sollen dazu beitragen, die Bau-verfahren zu beschleunigen und zu vereinfachen;

2. ein geeignetes Verfahren zu entwickeln, wie alle Hamburger Bezirke sich an der Umsetzung der Einigung mit den Volksinitiativen "Keine Profite mit Boden & Miete" (Drs. 22/9844 und Drs. 22/9845) beteiligen;

3. einen Auftrag für eine Studie zur Entwicklung der Rahmenbedingungen in der Bau- und Wohnungswirtschaft vor dem Hintergrund der im Antrag beschrieben Rahmenbedingungen zu erteilen. Diese Studie soll dazu beitragen, Handlungs-empfehlungen für zukünftige Krisen frühzeitig zu erkennen;

4. einen verbindlichen Sanierungsplan als Umsetzungsstrategie für den Hamburger Gebäudesektor auf Grundlage der umsetzungsorientierten Machbarkeitsstudie der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V. zu entwickeln;

5. der Bürgerschaft zu 2. regelhaft und zu 1, 3. und 4. bis zum 30. Juni 2024 zu be-richten.


B. Neue Wohngemeinnützigkeit

Der Senat wird ersucht,

1. sich auf Bundesebene ggf. im Wege einer Bundesratsinitiative dafür einzusetzen, dass die Voraussetzungen für ein Modell der gemeinwohlorientierten Vermietung von Bestandswohnungen als neues Element der Wohnraumförderung bei dem ein Steuererlass erfolgt, wenn der Vermieter eine Mietreduktion von mindestens 15 Prozent unterhalb des Mittelwertes des jeweiligen Mietspiegelrasterfeldes vornimmt;

2. dieses Modell im "Bündnis für das Wohnen" zu erörtern;

3. der Bürgerschaft bis Ende 2023 einen Bericht vorzulegen.


C. Wohnstifte

Der Senat wird ersucht,

1. zu gewährleisten, dass in der Behörde weiterhin ein:e Ansprechpartner:in für die Wohnstifte durch Verlängerung der Befristung der Koordinierungsstelle Wohnstifte gewährleistet wird;

2. zu prüfen, die zukünftige Arbeit des Bündnisses Hamburger Wohnstifte weiter zu unterstützen: z. B. durch Projekt- oder themenbezogene Zuwendungen für Beratung und Veranstaltungen zu stiftungsübergreifenden Themen, wie bspw. Modernisierung, Erweiterung des Bestandes, Neubau/ Nachverdichtung, Denkmalschutz, Barrierefreiheit etc. oder zu Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten von Baumaßnahmen sowie für Beratung zur Weiterentwicklung der vorhandenen Wohn- und Betreuungsformen (Wohnungen, Servicewohnungen, Wohn-Pflege-Gemeinschaften, stationäre Betreuungsformen etc.);

3. zu prüfen, ob und wie in zukünftigen städtischen Entwicklungsvorhaben analog oder ähnlich dem Wilhelmsburger Rathausquartier ein Anteil an gemeinwohlorientiertem Wohnungsbau mit den Hamburger Wohnstiften, möglichst in Form von Stiftungsquartieren, realisiert werden kann;

4. der Bürgerschaft bis zum 31.Dezember 2024 zu berichten.


D. Genossenschaften

Der Senat wird ersucht,

1. analog der auf Bundesebene geänderten Förderrichtlinie der KfW (KfW-Wohneigentumsprogramm - Genossenschaftsanteile (134) | KfW) dafür Sorge zu tragen, dass die Erhöhung der Darlehensbeträge pro Wohneinheit auf 100.000 Euro durch die Internationale Förderbank (IFB) umgesetzt wird und eine Förderkomponente in Form eines Tilgungszuschusses in Höhe von 15 Prozent der beantragten Darlehenssumme hinzugefügt wird;

2. zusätzlich einen Bürgschaftsrahmen gegenüber der IFB für die Kreditanträge bereitzustellen, um die Abwicklung und Bewilligung der Kreditanträge bei den Geschäftsbanken deutlich zu verbessern sowie

3. ergänzend eine Regelung zur Verpfändung der Genossenschaftsanteile bzw. des jeweiligen Auseinandersetzungsguthabens bei Kündigung der Anteile einzuführen;

4. der Bürgerschaft bis Ende 2023 einen Bericht vorzulegen.


E. Neue Dachgenossenschaft

Der Senat wird ersucht

1. zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen, Rahmenbedingungen und Kapitalerfordernissen eine Dachgenossenschaft - unter Wahrung des § 65 Landeshaushaltsordnung (LHO) - in Hamburg realisiert werden kann;

2. bei einem entsprechend wirtschaftlich tragfähigen Prüfungsergebnis die Dachgenossenschaft im Sinne der genannten Zielsetzungen zu gründen;

3. einen revolvierenden Solidarfonds anzulegen und zu prüfen, ob dieser unter dem Dach der IFB als vertrauensfördernde Institution verwaltet werden kann und sollte, um

a. die sozialen und ökologischen Vorteile des Fonds, z. B. im Rahmen der Environmental Social Governance (ESG) Kriterien für Fonds, darzustellen,

b. den Fonds für sozial orientierte Kapitalanleger:innen (Einzelpersonen, Organisationen) zu öffnen, sodass diese sich mit ihren Einlagen beteiligen können und den revolvierenden Solidarfonds als nachhaltige Kapitalanlage zu bewerben,

c. über den Fonds gemäß den Zielen der Dachgenossenschaft die Kapitalverwaltung zu übernehmen;

4. der Bürgerschaft bis Ende 2023 einen Bericht vorzulegen.


F. Mieten

Der Senat wird ersucht,

1. eine Untersuchung zu den Auswirkungen von Vermietungsformen zur Umgehung der Mietpreisbremse wie beschrieben in Auftrag zu geben;

2. sich auf Bundesebene in geeigneter Weise für Änderungen im Mietrecht im Sinne des Antrags einzusetzen;

3. der Bürgerschaft bis zum 30. Juni 2024 zu berichten.


G. Stadtentwicklung

Der Senat wird ersucht,

1. eine Fachveranstaltung zum Thema Multifunktionale Nutzungen durchzuführen. Aus der Veranstaltung sollen Hilfen beispielsweise in Form von Best-Practice-Beispielen und Musterprogrammen entwickelt werden;

2. regelhaft in allen Bezirken Informationsveranstaltungen zum Masterplan Magistralen durchzuführen;

3. gemeinsam mit Interessenvertreter:innen aus dem Bereich Kinder und Jugend ein Modellprojekt zur Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Stadtplanungsprozessen zu initiieren;

4. der Bürgerschaft zu 2. regelhaft und zu 1. und 3. bis zum 30. Juni 2024 zu berichten.


H. Ideenwettbewerb für Hamburgs Dächer

Die Bürgerschaft möge beschließen:

1. Der Ansatz der Produktgruppe 289.11 "Landesplanung und Stadtentwicklung", Kontenbereich "Kosten aus laufender Verwaltungstätigkeit", Produkt "Planungen und Projekte Dritter" des Einzelplan 6.1, wird für das Haushaltsjahr 2023 um 100.000 Euro erhöht. Im Gegenzug wird der Ansatz der Produktgruppe 283.01 "Zentrale Ansätze I", Kontenbereich "Globale Mehrkosten?, Produkt Sonstige Zentrale Ansätze des Einzelplanes 9.2 im Haushaltsjahr 2023 um 100.000 Euro abgesenkt.

2. Die haushaltsrechtliche Regelung des Aufgabenbereichs 289 "Landesplanung und Stadtentwicklung? werden wie folgt ergänzt: Die Ermächtigung in der Produktgruppe 289.11 "Landesplanung und Stadtentwicklung", Kontenbereich "Kosten aus laufender Verwaltungstätigkeit", Produkt "Planungen und Projekte Dritter" Kosten zu verursachen, darf im Haushaltsjahr 2023 in der Höhe von 100.000 Euro nur genutzt werden, um den Ideenträgerwettbewerb "NEU geDACHt" umzusetzen (Verwendungsauflage nach § 22 LHO).

Der Senat wird ersucht,

3. einen Ideenträgerwettbewerb über die Nutzung von Dachflächen und Aufstockung von Bestandgebäuden zu konzeptionieren und auszuloben. Der Wettbewerb soll das Ziel haben, kreative Umsetzungsbeispiele zu entwickeln, Aufstockungspotenziale zu identifizieren und ihre Nutzung weiterzudenken. Das Verfahren richtet sich an Architekt:innen, Studierende und Eigentümer:innen und ist offen für kreative, unkonventionelle und/oder umsetzungsorientierte Beiträge;

4. exemplarisch die statische Umsetzbarkeit von Aufstockungen für einzelne Gebäudetypologien bspw. Mehrfamilienhaus der Baualtersklasse 1950er - 1970er Jahre in unterschiedlicher Materialität (bspw. Holz, etc.) zu untersuchen, um die verschiedenen Aufstockungspotentiale darzulegen;

5. zu untersuchen, inwieweit durch die Erhöhung der Wohnfläche durch Aufstockungen von Mehrfamilienhäusern die Wirtschaftlichkeit von energetischen Sanierungen anstelle von Abriss und Neubau gesteigert werden kann;

6. der Bürgerschaft über die Ergebnisse des Wettbewerbsverfahrens und die Umsetzung realisierungsfähiger Projekte bis 31. Dezember 2024 zu berichten.

Antrag

Hamburgische Bürgerschaft
01.12.2022

Von den Abgeordneten:
Ksenija Bekeris, Cem Berk, Matthias Czech, Gabi Dobusch, Astrid Hennies, Sabine Jansen, Dirk Kienscherf, Martina Koeppen, Baris Önes, Christel Oldenburg, Milan Pein, Mathias Petersen, Lars Pochnicht, Britta Schlage, Markus Schreiber, Sören Schumacher, Tim Stoberock, Sven Tode, Michael Weinreich, Dagmar Wiedemann



DATENSCHUTZ