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Gabi Dobusch

Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft

Rechtliche Betreuung für hilfsbedürftige Personen

Das Betreuungsrecht regelt, ob und in welchem Umfang für eine hilfsbedürftige Person vom Gericht eine Betreuerin bzw. ein Betreuer bestellt wird. Das Vormundschaftsgericht legt fest, in welchem Umfang die Betreuung fremder Angelegenheiten erforderlich ist. Das Betreuungsrecht dient dazu, den betroffenen Personen den notwendigen Schutz und die erforderliche Fürsorge zu gewähren, ihnen zugleich aber auch ein größtmögliches Maß an Selbstbestimmung zu erhalten.
Die 1992 eingeführte "rechtliche Betreuung" löste die vorherige Vormundschaft entmündigter Personen ab. 2005 novellierte der Bundestag das Betreuungsgesetz mit Zustimmung des Bundesrats. Aktuell wird es auf Bundesebene evaluiert.
Vom Betreuungsrecht betroffen sind volljährige Menschen, die wegen einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung ihre Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht mehr selbst regeln können und deshalb auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Oft sind betagte Menschen betroffen, eine Betreuung kann aber auch für junge Menschen nötig werden, wenn sie beispielsweise infolge eines Unfalls nicht mehr zur Regelung ihrer Angelegenheiten in der Lage sind.

Wir fragen den Senat:
Daten zu Betreuerinnen und Betreuern und den Betreuungsverhältnissen
1. Wann gilt eine Betreuerin oder ein Betreuer in Hamburg als Berufsbetreuerin bzw. Berufsbetreuer? Welche unterschiedlichen Formen rechtlicher Betreuung gibt es und wodurch unterscheiden sie sich voneinander?
2. Wie hat sich die Anzahl der vom Gericht bestellten Betreuerinnen bzw. Betreuer seit dem Jahr 2000 in Hamburg entwickelt? (Bitte die jährliche Anzahl der Betreuerinnen bzw. Betreuer und die jeweilige Gesamtzahl angeben.)
3. Wie hat sich die Anzahl der Betreuungsverhältnisse seit dem Jahr 2000 in Hamburg entwickelt? (Bitte die jährliche Anzahl der neuen Betreuungsverhältnisse und die jeweilige Gesamtzahl angeben.)
4. Wie viele der vom Gericht bestellten Betreuerinnen bzw. Betreuer in Hamburg sind:
a. Selbständige Berufsbetreuerinnen bzw. Berufsbetreuer?
b. Vereinsbetreuer?
c. Angehörige, die einen nahen Verwandten rechtlich betreuen?
d. Gibt es sonstige Betreuerinnen und Betreuer? Wenn ja, welche?
5. Wie hat sich jährlich die durchschnittlich Anzahl der zu betreuenden Personen in Hamburg seit dem Jahr 2000 entwickelt, die jeweils von einem
a. Berufsbetreuer,
b. Vereinsbetreuer,
c. Angehörigen und
d. einem sonstigen Betreuer betreut wurden bzw. werden?

6. Wie viele Betreute gibt es in den verschiedenen Altersdekaden im Verhältnis zur Bevölkerung in diesem Altersabschnitt in Hamburg? (Bitte absolut und prozentual für folgende Altersdekaden angeben: 0 bis 9, 10 bis 19, 20 bis 29, 30 bis 39, 40 bis 49, 50 bis 59, 60 bis 69, 70 bis 79, 80 bis 89, 90 bis 99, ab 100.)
7. Gibt es in Hamburg Betreuungsverhältnisse, die nur von der zuständigen Behörde geführt werden? Wenn ja,
a. wie viele Betreuungsverhältnisse werden nur von der zuständigen Behörde geführt?
b. aus welchen Gründen ist das so?
c. wie will der Senat oder die zuständigen Behörde zukünftig damit verfahren?
8. Rechnet der Senat oder die zuständige Behörde für die kommenden 10 Jahre mit einem Anstieg der Zahl der zu Betreuenden?
9. Sieht der Senat oder die zuständige Behörde aktuell und für die kommenden 10 Jahre einen Bedarf an weiteren Betreuerinnen und Betreuern?
a. Falls ja, welche Maßnahmen ergreift der Senat, um die Anzahl der Betreuer und Betreuerinnen zu steigern?
b. Falls nein, warum nicht?

Qualifikation der Betreuerinnen und Betreuer und Qualität der Betreuung
10. Über welche Qualifikation bzw. welchen beruflichen Hintergrund verfügen die Betreuerinnen und Betreuer in Hamburg?
a. Wie hoch ist der prozentuale Anteil von Hochschulabsolventen? (Bitte soweit möglich nach Fachrichtungen getrennt darstellen.)
b. Über welche anderen beruflichen Qualifikationen verfügen Betreuerinnen und Betreuer in Hamburg? (Bitte soweit möglich nach Fachrichtungen getrennt darstellen.)
c. Über welche weiteren Qualifikationen durch Fortbildungen verfügen Betreuerinnen und Betreuer in Hamburg?
11. Gibt es Richtlinien oder Leitlinien zur Überprüfung der Qualität von Berufs-betreuerinnen und -betreuer? Wenn ja , welche? Sind die ggf. vorhandenen Richtlinien oder Leitlinien zur Überprüfung der Qualität von Berufsbetreuerinnen
und -betreuer bundeseinheitlich? Wenn nein, warum nicht?
12. Hält der Senat oder die zuständige Behörde die gesetzlichen Vorgaben zur erstmaligen Bestellung von berufsmäßigen Betreuern und Betreuerinnen insbesondere im Hinblick auf ihre Eignung für ausreichend?
a. Werden bei der erstmaligen Bestellung von berufsmäßigen Berufsbetreuerinnen und -betreuer in Hamburg ggf. weitere Kriterien angewendet? Wenn ja welche?
13. Hält der Senat oder die zuständige Behörde ein normiertes Zulassungsverfahren für beruflich tätige rechtliche Betreuer für sinnvoll?
14. Welche Maßnahmen der Qualitätssicherung für Berufsbetreuerinnen und -betreuer gibt es? Und, welche weiteren Maßnahmen der Qualitätssicherung hält der Senat bzw. die zuständige Behörde darüber hinaus ggf. für sinnvoll?
15. Gibt es Formen des Beschwerdemanagements in Hamburg? Wenn ja, welche? Und wie werden sie vom Senat oder der zuständige Behörde gefördert?
16. Welche Qualitätskontrollen oder Überprüfungen werden in Hamburg im Verlauf des Betreuungsverhältnisses regelhaft und welche anlassbezogen vorgenommen?
17. Welche Maßnahmen der Qualitätssicherung bieten die Betreuungsvereine und der "Berufsverband der Berufsbetreuer/-Innen" (BdB) in Hamburg?
18. Wie stellt der Senat oder die zuständige Behörde die Qualität der Betreuung sicher?
a. Welche Rolle kann und sollte die Betreuungsbehörde im Qualitätssicherungs-prozess übernehmen?
b. Sind Qualitätsstandards für die Mitarbeiter der Betreuungsbehörden nötig?
c. Auf welchem Wege unterstützt der Senat oder die zuständige Behörde die Betreuerinnen und Betreuer in Fragen der Qualitätssicherung?
d. Unterstützt der Senat oder die zuständige Behörde beispielsweise die Entwicklung, Konzeption und Durchführung betreuungsrechtsrelevanter Fortbildungen?
e. Wer ist oder soll zukünftig aus Sicht des Senats bzw. der zuständigen Behörde für die Qualitätssicherung der beruflich tätigen rechtlichen Betreuer zuständig sein?
f. Welche Rolle kann und sollte die Betreuungsbehörde in diesem Qualitätssicherungsprozess übernehmen?
g. Welche Rolle könnten und sollten berufsständische Vereinigungen der Berufsbetreuer in diesem Qualitätssicherungsprozess übernehmen?
h. Wie können ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer in den Qualitätssicherungsprozess einbezogen werden?

Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen
19. Die Novelle des Betreuungsrechts 2005 sah Erleichterungen bei der Beglaubigung so genannter Vorsorgevollmachten vor. Mit einer solchen Vollmacht kann jede Bürgerin und jeder Bürger frühzeitig eine Vertrauensperson zur Fortführung seiner Rechtsgeschäfte bestimmen für den Fall, dass er selbst dazu nicht mehr in der Lage ist.
a. Wie viele Vorsorgevollmachten wurden seit 2000 jährlich beglaubigt?
b. Welche Maßnahmen hat der Senat oder die zuständige Behörde ergriffen, um den Missbrauch von Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen zu verhindern?
c. Werden sogenannte "Kontrollbetreuungen" vorgenommen? Wenn ja, wie viele Jährlich seit 2005?
d. Aufklärung über Vorsorgevollmachten und Betreuungsverfügungen gehört zu den zentralen Aufgabenkreisen der Behörde. Wie kommt der Senat oder die zuständige Behörde diesem Auftrag nach?

Weitere Entwicklung des Betreuungsrechts
20. Sieht der oder die zuständige Behörde Defizite in der rechtlichen Betreuung? Wenn ja, welche?
21. Welche Möglichkeiten sieht der Senat oder die zuständige Behörde, die Qualität der rechtlichen Betreuung weiter zu verbessern?
22. Dem Vernehmen nach diskutieren Fachexpertinnen und -experten die Möglichkeit eines Hochschulstudiengangs für die Berufsbetreuung. Wie bewertet der Senat oder die zuständige Behörde diese Möglichkeit?
23. Betreuerinnen bzw. Betreuer können sich nicht im Nahmen der Betreuten bzw. des betreuten selbst mit der Budgetassistenz beauftragen, da dies ein nach § 181 BGB verbotenes Insichgeschäft wäre. Rechtliche Betreuung und Budgetassistenz eines Menschen liegen dann in unterschiedlichen Händen.
Verfügt der Senat oder die zuständige Behörde über Erkenntnisse, ob dies negative Folgen für die betreuten Menschen haben kann? Wenn ja, welche?
a. Strebt der Senat oder die zuständige Behörde hier Änderungen an? Wenn ja, welche?

Grosse Anfrage

Hamburgische Bürgerschaft
13.08.2009
Drucksache: 19/3846

Von den Abgeordneten:
Ksenija Bekeris, Bülent Ciftlik, Gabi Dobusch, Britta Ernst, Uwe Grund, Dirk Kienscherf, Wolfgang Rose

Antwort des Senats



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