Aktualisiert: 30.01.2012
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 19. Wahlperiode - 37. Sitzung am 7. Oktober 2009
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Landesfrauenrat wird 60, dazu natürlich auch von meiner Fraktion herzlichen Glückwunsch. Für eine Frau sind 60 Jahre ja noch kein Alter.
(Beifall bei der SPD)
Dazu natürlich auch ein herzliches Dankeschön an die vielen Frauen, die sich im Landesfrauenrat oft über Jahrzehnte hinweg engagiert haben und es heute noch tun. Der Landesfrauenrat hat es immer wieder geschafft, das Bewusstsein für die Notwendigkeit des Abbaus von Benachteilungen von Frauen, aber – Frau Koop, das halte ich auch hoch – auch der Notwendigkeit der Förderung von Frauen wach zu halten. Der Landesfrauenrat hat immer wieder Themen gesetzt und aufgegriffen, um der häufig vergessenen oder, ich würde sagen, bisweilen auch bewusst ausgeblendeten Frauenperspektive, nicht nur Genderperspektive, zu ihrem Recht zu verhelfen und, das ist die große Stärke des Landesfrauenrates, all dies über alle bestehenden konfessionellen, politischen oder sonstigen Unterschiede von Frauen hinweg. Ein aktuelles Beispiel ist in der Tat die Ostseefrauenkonferenz, an der Frau Koop und ich uns ganz aktiv beteiligt haben. Sie wissen es, ich weiß es auch, dass die Gleichstellung der Frauen nicht erreicht und darüber auch nicht der Geist der Zeit hinweggegangen ist. Das ist ein Fakt: Wir haben sie nicht erreicht. In der Wirtschaft, sogar in unseren Amtsstuben, in den Vorständen, Aufsichtsräten und Gremien sieht es in puncto Gleichstellung weiterhin trübe aus. Wir haben darüber schon mehrfach debattiert und zumindest solange ich dieser Bürgerschaft angehöre, werden wir darauf auch immer wieder zurückkommen. Der Verdienstunterschied von Frauen beträgt auch in Hamburg satte 20 Prozent und das ist ungerecht.
(Beifall bei der SPD und bei Kersten Artus DIE LINKE)
Frauen werden, auch in Hamburg, bereits beim Berufseinstieg benachteiligt, das ist glatte Diskriminierung.
(Beifall bei der SPD)
Lassen Sie mich noch einmal ganz klar feststellen: Teilen dieser Gesellschaft – ich hoffe, sie ist nicht hier vertreten, auf jeden Fall aber in der Wirtschaft – fehlt offenbar jedes Unrechtsbewusstsein. Ich verwahre mich ganz entschieden gegen all diese Appelle in Richtung mehr Selbstbewusstsein, Frauen sollten besser verhandeln, die in letzter Zeit vor allem aus konservativen Kreisen zu hören waren. Aus meiner Sicht ist das der blanke Hohn. (Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Mich jedenfalls macht es wütend und ich hoffe, dass es viele von Ihnen ebenfalls wütend macht, wenn uns Frauen erst für die gleiche Arbeit viel weniger bezahlt wird als den Männern und uns dann auch noch ein selbst schuld hinterhergerufen wird.
Mit solchen Ratschlägen und anderen Unverbindlichkeiten muss Schluss sein. Wir brauchen endlich andere Handlungen. Objektive Methoden zur Feststellung von ungerechten Lohnunterschieden gibt es und wir müssen sie der Wirtschaft abfordern. Das muss endlich geschehen.
(Beifall bei der SPD und der LINKEN)
Es gibt also in puncto Gleichstellung der Frauen noch viel zu tun. Übrigens brauchen wir uns nur selbst anzuschauen. Hier sitzen nur 33 Prozent Frauen und die sind auch noch recht ungleichmäßig verteilt, auch wenn das im Moment nicht so offensichtlich zu sehen ist wie immer bei diesen Themen. Zumindest aber würde ich sagen, wenn die rechte Hälfte ein bisschen nachbessern würde, wäre schon viel geholfen.
Ist also Hamburg unter diesem Senat, unter Schwarz-Grün, für Gleichstellung gerüstet? Sie werden verstehen, dass ich daran zweifle. Die Zeiten jedenfalls, als in Hamburg mit der Richtlinie zur Förderung von Frauen im öffentlichen Dienst bundesweite Zeichen gesetzt wurden, sind lange vorbei. Und – die Kollegin Artus hat es schon erwähnt – es ist lange vorbei mit dem Senatsamt für die Gleichstellung. Das hatte 1991 übrigens 28 Stellen, um sich dieser Thematik zu widmen. Daran möchte ich angesichts der neuen "Arbeitstelle Vielfalt" gerne noch einmal erinnern. Die neue "Arbeitsstelle Vielfalt" wird mit 17 Stellen für einen bunten Strauß von Antidiskriminierungstatbeständen zuständig sein, für Fördermaßnahmen für Frauen, für neue Männer, für neue Väter, gegen Rechtsradikalismus, für Lesben, Schwule, Transsexuelle, Intersexuelle. Sie wird tätig werden gegen Diskriminierung von Minderheiten und so weiter und so weiter. Ich kann gar nicht alles aufführen, wofür diese 17 Menschen dann zuständig sein werden. Das wird ein wahrer Gemischtwarenladen.
(Antje Möller GAL: Genau das ist Vielfalt!) Und das Ganze ist auch nur ein Projekt mit Projektcharakter. Es würde mich für die Menschen in unserer Stadt wirklich freuen, die große Erwartungen da hineinsetzen, wenn dank der wahrscheinlich wieder beschworenen Synergieeffekte und ohne nennenswerte Ressourcen, so würde ich das jedenfalls sehen, daraus dann mehr wird als eine grüne Wundertüte. Nun gut, mir fehlt ein bisschen der Glaube.
(Glocke)
Erste Vizepräsidentin Barbara Duden (unterbrechend): Frau Dobusch, Sie haben das Licht registriert und die Glocke gehört. Ihre Redezeit ist abgelaufen.
Gabi Dobusch (fortfahrend): Apropos, was ist mit dem Gender Budgeting, darauf warten wir auch noch. – Vielen Dank!
(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)