Aktualisiert: 30.01.2012
Begrüßung im Namen der SPD-Bürgerschaftsfraktion zum Empfang der SPD-Bürgerschaftsfraktion im Großen Festsaal, Rathaus Hamburg, Juli 2010
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Freundinnen und Freunde, Genossinnen und Genossen,
ich freue mich riesig, dass Sie / Euch alle zu unserem Empfang anlässlich von 30 Jahre CSD in Hamburg im Großen Festsaal des Hamburger Rathauses begrüßen zu können! Herzlich im Namen der SPD-Bürgerschafsfraktion – insbesondere auch im Namen unseres Fraktionsvorsitzenden Michael Neumann – Michael, wo bist Du? -, der mir als Fachsprecherin heute netterweise mal den Vortritt gelassen hat.
Besonders herzlich möchte ich natürlich unseren heutigen Festredner begrüßen: Den regierenden und - wie ich stark hoffe – ganz und gar nicht amtsmüden Bürgermeister von Berlin und stellvertretenden SPD-Vorsitzenden: Klaus Wowereit! Herzlich willkommen Klaus!
Außerdem begrüße ich – mal sehen, ob ich das einigermaßen im Reißverschlussverfahren hinkriege -:
den Beauftragten der SPD-Bundestagsfraktion für Lesben und Schwule: Johannes Kahrs
die stellvertretende SPD-Parteivorsitzende in Hamburg Inka Damerau
die anwesenden Kolleginnen und Kollegen aus der Hamburgischen Bürgerschaft
die anwesenden ehemaligen Kolleginnen und Kollegen, insbesondere Lutz Johannsen, den ersten offen schwulen Abgeordneten in einer SPD Landtagsfraktion
die Vertreterinnen und Vertreter der Initiativen und Vereine, die sich hier zum Teil mit eigenen Informationsständen präsentieren
die Vertreterinnen und Vertreter von Pride e.V., dem Veranstalter des CSD
…und… hier ich mache mal einen Punkt. Allerdings muss ich noch einen Glückwunsch und ein Dankeschön loswerden: Hein und Fiete wird nämlich in diesem Jahr 20 – und ihre bewährte Crew wird uns auch heute durch den Abend begleiten und nach dem Abheben wie üblich einen Super-Service bieten: Dafür schon mal im voraus herzlichen Dank!
Liebe Freundinnen und Freunde - 30 Jahre CSD in Hamburg – das ist einfach unglaublich. Im ersten Jahr sollen es gerade mal an die 1500 Menschen gewesen sein, die in Hamburg auf die Straße gingen, um sich – einer mehr oder weniger pikierten und peinlich berührten Öffentlichkeit - zu zeigen, und um gegen den § 175 zu protestieren, der ja endgültig erst 1994 aus den Gesetzbüchern verschwand. Mittlerweile ist der CSD in Hamburg wie in vielen anderen Städten auch ein Mega-Event geworden, fast schon im Mainstream – eine einzige große Party.
Im letzten Jahr allerdings stand für mich und meine Partei sowie für viele andere hier im Raum rund um den CSD nicht so sehr die Party im Vordergrund, sondern mehr die Politik. Wir haben alle für eine Ergänzung des Artikels 3 des Grundgesetzes gekämpft und auf Initiative der SPD-Fraktion hin schließlich einen einstimmigen Beschluss in der Bürgerschaft gefasst. Hamburg hat das dann gemeinsam mit Bremen und Berlin im Bundesrat eingebracht, wo die Initiative dann leider doch wieder an CDU und FDP gescheitert ist. Dazu jetzt nur so viel: Wir bleiben dran!
Das Motto dieses Jahres lautet „Gleiche Rechte statt Blumen“ – also weniger Symbol-Politik, mehr konkretes Handeln. Die sieben Forderungen, die alle ja auf den Pride-Seiten nachlesen können, soweit sie sie noch nicht verinnerlicht haben, sind aus meiner Sicht alle berechtigt und unterstützenswert. Mal sehen, was sich von meiner Fraktion aus in Hamburg in der wie auch immer gearteten verbleibenden Restlaufzeit von Schwarz-Grün noch anschieben und bewegen lässt.
Ein Thema will ich noch besonders herausgreifen, nämlich den neuen Volkssport. Liest hier jemand noch Zeitung? Nein? Laut dem neuen Zeitmagazin nämlich besteht der neueste Volkssport der Deutschen darin, Mutmaßungen über Männer anzustellen, so à la „Ist der etwa schwul?“Nichts wird scheinbar lieber gegoogelt als der Name von Promis kombiniert mit dem Suchwort „schwul“. Wenn es da um Personen wie Wowi oder Westerwelle geht, entbehrt das ja nicht einer gewissen Komik – wo leben die Leute eigentlich? -, aber in der Summe stimme ich dem Autor zu, der hier merkwürdige Versuche diagnostiziert, sich seiner eigenen Normalität zu vergewissern und das eigene konservative Weltbild bestätigt zu bekommen: Alles, was den Mainstream verunsichert, ist nämlich schwul – oder lesbisch.
Wie anders darf der oder die Einzelne eigentlich sein? Es zeigt sich hier wie an vielen anderen Stellen, wie wichtig die Arbeit an tradierten Geschlechterrollen und –stereotypen ist - z.B.in der Jungenarbeit; z.B. in der Mädchenarbeit, z.B. auch in der Gewaltprävention. Ziel sollte es sein, jeder/jedem Jugendlichen einen selbstbestimmten Weg der Selbstfindung, frei von Vorurteilen, Benachteiligungen und jenseits von Stereotypen zu eröffnen. Das ist schwer.
Wir müssen dabei aufpassen, dass nicht durch die Hintertür wieder ganz alte Festschreibungen dessen, was Jungen und Männer so brauchen, wie Mädchen eben so sind, gesellschaftsfähig werden. Manche Ausführungen ansonsten von mir geschätzter Experten wie Hurrelmann machen mich da ganz skeptisch.
Unser Ziel sollte es sein, Respekt für die Vielfalt der Individuen zu schaffen und einen – nötigenfalls geschützten - Raum herzustellen für eine selbstbestimmte Definition der eigene Geschlechtsidentität und Sexualität. Die meisten Lesben und Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuellen können ein Lied davon singen, wie beschwerlich das sein kann.
Ich jedenfalls bin tief davon überzeugt, dass auch in Hamburg einfach noch MEHR getan werden muss, um Vorurteile und Stereotypen abzubauen, Uneindeutigkeiten zulassen zu können und der immer noch verbreiteten Homophobie vorzubeugen.
Das Thema greift übrigens auch die aktuelle Kampagne „Vielfalt statt Einfalt“ der Schwusos auf, Infos dazu findet Ihr hier im Saal.
In der Vielfalt der Geschlechter hat ein starres Frauen- und Männerbild einfach keinen Platz. Der CSD hat deshalb auch heute noch für viele eine befreiende Wirkung: anders als erwartet zu sein und öffentlich dazu stehen zu können. Das hat - in einer sich im Stillen wieder verfestigenden GeschlechterORDNUNG -auch für viele Zaungäste eine befreiende und vorbildliche Wirkung.
Noch kurz zum weiteren Ablauf:
Nach einem kurzen musikalischen Intermezzo mit Ginger Wade ist als nächster Redner Arne Platzbecker, der Landes- und stellvertretende Bundesvorsitzende der Schwusos - der Lesben und Schwulen in der SPD - dran. Dann folgt wieder eine musikalische Einlage, nämlich die Koppellas. Und im Anschluss wird dann Klaus Wowereit sprechen. Den Abschluss macht schließlich Kay Ray, der den meisten hier im Saal wohl kein Unbekannter mehr sein dürfte!
Solange also müssen Sie / bzw. müsst Ihr noch durchhalten – ich wünsche jedenfalls viel Spaß – und herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit - und jetzt Bühne frei für – Ginger Wade!