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Altona weiter vorn

Gabi Dobusch

Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft von 2008 bis 2025

Schwimmen in Altona - vom Bismarckbad zum Festland

Aktualisiert: 30.01.2012

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 19. Wahlperiode - 44. Sitzung am 20. Januar 2010

Herr Pr­äsid­ent, mei­ne Da­men und Her­ren! Las­sen Sie mich an den An­fang stel­len, dass es ganz wun­der­bar ist, dass in Al­to­na-Alt­stadt viel Geld in­ves­tiert wur­de, das fin­den wir ganz pri­ma. Es ist wun­der­bar, dass Al­to­na wie­der ein Schwimm­bad hat und es ist tat­sächl­ich auch ganz wun­der­bar, dass es al­lem An­schein nach ein Bad ist, das für Fami­li­en und Kin­der ge­eig­net ist und von die­sen auch an­ge­nom­men wird. (Zu­ruf von Robert Hei­ne­mann CDU) Das al­les ge­ste­he ich Ih­nen gern zu. Was nicht wun­der­bar ist, ist na­türlich die Vor­ge­schich­te die­ses Ba­des, die Sie ein bis­schen ge­st­reift ha­ben. Das ist ei­ne Vor­ge­schich­te, in der sich we­der die CDU und schon gar nicht die GAL mit Ruhm be­k­le­ckert ha­ben.
(Wolf­gang Beuß C­DU: Aber die SPD!) Bei der Ge­schich­te des Fest­lands han­delt es sich aus mei­ner Sicht näml­ich um ein Pa­ra­de­bei­spiel dafür, wie man es nicht macht. Es gab man­geln­de Pla­nung, man­geln­de Tran­s­pa­renz und es gab ei­ne ka­tastro­pha­le Kom­mu­ni­ka­ti­on von Ih­rer Sei­te. (Wolf­gang Beuß C­DU: Aber es ist doch al­les hübsch ­gewo­rd­en!) – Dar­auf kom­me ich gleich noch.
Gilt denn wir­k­lich, En­de gut, al­les gut? (Zu­ru­fe von der CDU: Ja! Ja!) Ich kann es Ih­nen aus der Sicht ei­ner Ot­ten­se­rin sa­gen. Die Ant­wort in bei­den Fäll­en ist ganz klar: nein, kei­nes­wegs. Wir Ot­ten­se­rin­nen und Ot­ten­ser ha­ben ein Bad ver­lo­ren, zu dem wir – wie zu­dem der Bürgere­nts­che­id zeig­te, auch ei­ne überwältig­end ho­he Mehr­heit von Bürgeri­nn­en und Bürgern – ei­ne sehr star­ke gefühlsmäßige Bin­dung hat­ten.
(Wolf­gang Beuß C­DU: Wol­len Sie ein Ta­schen­tuch ha­ben! – Kai Voet van Vor­mi­ze­e­le CDU: Das ist ein bis­schen so wie mit dem Hei­zer und der E-Lok!) Das Bis­marck­bad – Sie er­in­nern sich an die­sen schönen Na­men – war ein schönes Bad. Es war vi­el­leicht nicht ganz denk­mal­würdig, es mu­te­te al­ler­dings so an; es war vi­el­leicht nicht ganz funk­ti­onstüchtig, aber es hat­te ei­ne ein­ma­li­ge La­ge di­rekt im Stadt­teil, di­rekt am Bahn­hof und di­rekt ne­ben dem Bus­bahn­hof.
Knapp 80 Pro­zent der Bürgeri­nn­en und Bürger ­waren der Mei­nung, das Bis­marck­bad sol­le be­ste­hen blei­ben, das wa­ren über 34 000 Al­to­nae­rin­nen und Al­to­na­er, die dafür stim­mten. Sie wa­ren dafür, das da­mals 94 Jah­re al­te his­to­ri­sche Bis­marck­bad an die­sem ein­ma­lig ver­kehrsgünstig ge­le­ge­nen Stand­ort zu er­hal­ten. Dann war es aber weg, es war so­zu­sa­gen ver­kauft, noch währ­end das Ver­fah­ren lief. Und das, sa­gen Sie, sei ein Pa­ra­de­bei­spiel dafür, wie Sie es wei­ter­hin ma­chen wol­len. Dann kann ich nur gu­te Nacht sa­gen.
(Bei­fall bei der SPD) Aus un­se­rer Sicht war und ist dies ein ab­so­lut un­glaub­li­cher Vor­gang, der sich so nicht wie­der­ho­len soll­te, dar­um würde i­ch je­den­falls bit­ten. (Chris­tia­ne Bl­ömeke GAL: Jetzt erzähl­en Sie noch mal, was vor 20 Jah­ren war!) Al­to­na ste­he kopf, so hieß es da­mals im GAL-An­trag: "Kein Tag oh­ne Schwimm­bad in Al­to­na". Ge­for­dert und be­an­tragt wur­de da­mals, fast im Gleich­laut übrigens mit der SPD-Frak­ti­on, wenn das Bad überhaupt ge­sch­los­sen wer­den müsse, ­dann erst, wenn ein neu­es Bad – ich zi­tie­re –: "…im fu­ßläuf­ig er­reich­ba­ren Um­kreis in Be­trieb ge­nom­men wur­de."
Ge­for­dert wur­de von der GAL da­mals auch, an die­sem Pro­zess die en­ga­gier­ten Bürgeri­nn­en und Bürger ­zu be­tei­li­gen so­wie ei­ne tran­s­pa­ren­te und ver­bind­li­che Zeit­pla­nung vor­zu­le­gen für diese Ma­ßnah­men. Die­ser letz­te Punkt ge­fällt mir ganz be­son­ders, weil ge­ra­de die­ses da­mals nicht pas­siert ist.
Wer sich an die da­ma­li­gen Zu­mu­tun­gen er­in­nert, die da­rin gip­fel­ten, dass Be­schlüsse s­chon längst ge­fasst wa­ren und das Bad schon lan­ge über den Tisch ge­gan­gen war, währ­end nach au­ßen noch so ge­tan wur­de von ei­ni­gen Herr­schaf­ten, die hier auch sit­zen, als set­ze man sich für das "Bis­si" ein, wer er­in­nert, in wel­cher dreis­ten Wei­se so­wohl die Bürgeri­nn­en und Bürger ­als auch die Ab­ge­ord­ne­ten über den Tisch ge­zo­gen wur­den, für den klingt die da­ma­li­ge An­trags­ly­rik al­ler­dings nicht be­son­ders gut.
(Bei­fall bei Dr. Mo­ni­ka Schaal SPD) Sie ha­ben auch auf ei­ni­ge Men­schen hin­ge­wie­sen, die da­mals an der De­bat­te be­tei­ligt wa­ren, ei­ner hat da­mals ge­sagt, es wäre nicht die GAL ge­we­sen. Vi­el­leicht ist es auch et­was un­fair, dass ich jetzt aus­ge­rech­net in Ih­re Rich­tung schla­ge, (Wolf­gang Beuß C­DU: Was soll ei­gent­lich die­se Ge­schichts­k­lit­te­rung!) aber, sor­ry, lie­be CDU, von Ih­nen er­war­tet auch nie­mand et­was an­de­res.

Dass Sie gern Tat­sa­chen schaf­fen und Bürgere­nts­che­ide erst ernst neh­men, wenn sich Ih­nen überhaupt kein an­de­rer Aus­weg mehr zeigt, da­von ge­hen wir aus und das hat sich in an­de­rer Hin­sicht in die­ser Stadt mehr­fach ge­zeigt.
(Bei­fall bei der SPD) Ich sp­re­che jetzt nicht über den LBK, das las­se ich lie­ber.
(Klaus-Pe­ter Hes­se CDU: Re­den Sie doch mal über das Frei­bad Ohls­dorf!) Aber noch ein­mal in Rich­tung der GAL: Von Ih­nen als Hüterinn­en und Hüter der De­mo­k­ra­tie, der Bürgere­nts­che­ide und Bürgerb­ete­il­igu­ng, von Ih­nen hätte ich da­mals al­ler­dings ein an­de­res Ver­hal­ten er­war­tet.
Mei­ne Da­men und Her­ren! Las­sen Sie mich noch ein­mal auf­lis­ten: Der Ge­dan­ke der Bürgerb­ete­il­igu­ng wur­de in Zu­sam­men­hang mit dem Fest­land gleich zwei­mal ad ab­sur­dum geführt. Z­unächst wur­den die Bürgeri­nn­en und Bürger ­in Al­to­na-Alt­stadt an Ein­rich­tun­gen die­ses Stadt­teils über mehr­ere Jah­re lang an Ent­schei­dun­gen zur Ge­stal­tung und Nut­zung des Um­fel­des be­tei­ligt und dann wur­de plötzli­ch die­ses Schwimm­bad hin­ge­setzt, oh­ne dass sie be­tei­ligt wur­den, währ­end gleich­zei­tig an an­de­rer Stel­le die Bürgeri­nn­en und Bürger ­bete­il­igt wa­ren und sich aus­drücklich da­ge­gen aus­ge­spro­chen hat­ten.
Noch ein­mal zur Er­in­ne­rung: Im Er­geb­nis war es nicht so, dass wir null Ta­ge in Al­to­na oh­ne Schwimm­bad hat­ten, son­dern es wa­ren gan­ze 1165 Ta­ge oh­ne Schwimm­bad in ei­nem Be­zirk mit mehr als 200 000 Ein­woh­ne­rin­nen und Ein­woh­nern.
(Wolf­gang Beuß C­DU: Das macht gu­te Pla­nung aus!) Nun ha­ben wir ein Fest­land, ein Bad, zu dem vie­le – ich erwähne das, weil vie­le aus dem Um­land kom­men, wie wir der Druck­sa­che ent­neh­men konn­ten – mit dem Au­to ge­fah­ren kom­men, je­den­falls nicht so wie fr­üher mit Bus und Bahn. Die An­bin­dung fr­üher war ent­schie­den bes­ser. Wer zu Fuß ­kommt, hat es nicht ein­fach. Ha­ben Sie ein­mal ver­sucht, dort die Hols­ten­st­raße zu überquer­en. Da fehlt ei­ne Am­pel, je­den­falls ist sie nicht an dem Platz, wo sie ge­braucht würde.
(Wolf­gang Beuß C­DU: Ich den­ke, da
schwimmt man hin!)
Sie ha­ben uns an­sons­ten we­nig mit­ge­teilt über die Be­fra­gung der Nut­ze­rin­nen und Nut­zer, die dort ge­macht wird. Es ließ ­sich lei­der der Druck­sa­che nicht ent­neh­men, wie sie sich da­zu ge­äuß­ert ha­ben. Al­ler­dings steht in den Fo­ren, dass trotz des mo­der­nen neu­en Baus die Du­schen bei­spiels­wei­se viel zu dun­kel auf­ge­fal­len sei­en.
(Kai Voet van Vor­mi­ze­e­le CDU: Das Ka­ro wird je­des Mal größer! Das Was­ser ist nicht warm ge­nug! – Wolf­gang Beuß C­DU: Wer
ist hier ei­gent­lich kon­ser­va­tiv?)
Man könnte nach­fra­gen, was da noch an­ge­merkt wur­de.
Las­sen Sie mich zum Schluss noch ein­mal von ei­nem alt­ein­ge­ses­se­nen Men­schen aus Ot­ten­sen erzähl­en, der zu den vie­len Älte­ren gehörte, die über viele Jahr­zehn­te hin­weg re­gel­mäßig ins Bis­marck­bad gin­gen, um sich noch et­was Be­we­g­lich­keit zu er­hal­ten. Für dies­en Men­schen, er war da­mals 80 Jah­re alt, war be­reits ein Tag oh­ne Bad ein Ver­lust, in Jah­ren woll­te er gar nicht mehr rech­nen. Für ihn war dann tat­sächl­ich der letz­te Tag, an dem das Bis­marck­bad geöffnet war, auch das letz­te Mal, dass er zum Schwim­men war. Übri­gens, zum Punkt fu­ßläuf­ig: Vom al­ten Stand­ort aus ist der neue Stand­ort vi­el­leicht für uns hier noch fu­ßläuf­ig er­reich­bar, aber es ist kein Kat­zen­sprung. Wenn Sie älter wären, klei­ne Kin­der an der Hand oder ei­ne Geh­be­hin­de­rung hätt­en, kämen Sie zu Fuß ­nicht ein­fach da­hin.
(Wolf­gang Beuß C­DU: Das war die Re­de
des Ta­ges!)
Es ist sehr schön, dass Sie im­mer wie­der dar­auf hin­wei­sen, dass die­ses Bad für Fami­li­en und Kin­der gut ist, das er­ken­nen wir auch an. Es ist gut, dass Sie das bei Ih­ren Pla­nun­gen im Blick ha­ben, aber ei­gent­lich wäre es schön, wenn wir mitt­ler­wei­le öfter – vor al­len Din­gen Sie – im Au­ge be­hal­ten würden, dass der wach­sen­de An­teil an Älte­ren, eben­so vi­el­leicht auch der der ärmer­en Men­schen in un­se­ren Stadt­tei­len, zu­künftig re­gel­haft mit berücksich­tigt wer­den muss.
Mei­ne Da­men und Her­ren von CDU und GAL, wir wer­den die Vorgänge um das Bis­marck­bad so sch­nell nicht ver­ges­sen.
(Wolf­gang Beuß C­DU: Ih­re Re­de wer­de ich auch nicht ver­ges­sen!) Stadt­pla­nung über die Köpfe hin­weg ist Mist, gu­te Pla­nung sieht aus un­se­rer Sicht an­ders aus und ich hof­fe, Sie be­her­zi­gen das für die Zu­kunft der Schwimm­stadt Ham­burg all­ge­mein und die Zu­kunft des Fest­lands im Be­son­de­ren. – Vie­len Dank. (Bei­fall bei der SPD und bei Nor­bert Hack­busch DIE LIN­KE)



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