Aktualisiert: 30.01.2012
Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 19. Wahlperiode - 54. Sitzung am 2. Juni 2010
Frau Blömeke, mir hat das mit dem Scheinriesen besser gefallen, ich fand das ganz angemessen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich hatte in den letzten Jahren mehrfach nachgefragt, wie es denn so aussehe, welchen Stellenwert die Bekämpfung patriarchaler Strukturen und patriarchaler Gewalt zum Beispiel im Rahmen des Konzeptes Handeln gegen Jugendgewalt habe, wie in Hamburg gezielt männliche Familienmitglieder in den Communitys angesprochen werden sollen, welche Projekte für Jungen, für Eltern vor allen Dingen, für Väter es denn so gebe oder geben soll, in denen Gewaltprävention mit einer Auseinandersetzung mit Männlichkeitsbildern, Geschlechterrollen, sexuellen Identitäten und so weiter verbunden wird, und welche Planung es da überhaupt gebe. Die Antworten – das können Sie alle nachlesen – ließen viel zu wünschen übrig; lassen Sie mich das einmal so vorsichtig formulieren. Insofern macht mich dieser tatsächlich doch windelweiche Prüfungsauftrag misstrauisch, insbesondere im Hinblick auf die Frage von Akzeptanz gegenüber gleichgeschlechtlichen Lebensweisen bei männlichen Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Ich möchte gerne noch einmal auf drei Punkte hinweisen.
Erstens: Welche Erkenntnisse hat die Innenbehörde eigentlich über das Gewaltpotenzial von Jugendlichen in Bezug auf Homosexuelle? Nach eigenen Angaben, wie sie mir gemacht wurden, so gut wie gar keine. Berlin zum Beispiel weiß da sehr viel mehr, und zwar dank des Projekts MANEO, angesichts dessen wir hier auch einmal gefragt haben, welche Möglichkeiten es dafür in Hamburg gebe. Die haben bereits 2006/2007 eine Umfrage zu Gewalterfahrungen von schwulen und bisexuellen Jugendlichen und Männern in Deutschland gemacht. Demnach sind die Täter homophober Gewalttaten – nach den Angaben der Opfer – jung, männlich und in mindestens 16 Prozent der Fälle nicht deutscher Herkunft.
Vor allem bei Jüngeren spielen sich die Taten überwiegend im schulischen Kontext ab, das hat diese Befragung noch einmal eindeutig gezeigt. Ich erlaube mir daher den Hinweis auf den Beschluss der Bürgerschaft aus der letzten Legislaturperiode, in dem es um Maßnahmen ging, die beschlossen waren im Hinblick auf Akzeptanz gleichgeschlechtlicher Lebensweisen an Schulen und die natürlich immer noch der Umsetzung harren, wie meine permanenten Nachfragen immer wieder deutlich machen.
Zweitens: Es gibt in Hamburg tolle interkulturelle sexualpädagogische Ansätze, zum Beispiel das Projekt "Sei eigen – mit Respekt!", das von pro familia in Wilhelmsburg durchgeführt wurde, die immer wieder dafür plädiert haben, das doch bitte auszuweiten, weil es ein tolles Projekt wäre, um den Zielen, denen auch dieser Antrag nachgeht, zum Durchbruch zu verhelfen – nur einmal so als Anregung.
Drittens: Projekte sind ganz wunderbar, ich finde Peer-Projekte auch eine tolle Sache, aber aus meiner Sicht könnte Hamburg auch einmal ein paar strukturelle Maßnahmen durchführen. Ich erinnere hier an unseren Antrag zum Thema Landesaktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, dem Sie nicht folgen wollen, aber auch der vom Senat in Aussicht gestellte aktualisierte Aktionsplan Opferschutz ist seit Monaten überfällig, da kommen Sie auch nicht in die Hufe. Und ich fände es toll, wenn Hamburg dafür sorgen würde, dass sowohl Gewalt gegen Frauen und Mädchen als auch Gewalt gegen Lesben und Schwule, Stichwort Hate-Delikte, einmal angemessen erfasst würden. Das gibt es nämlich bisher in Hamburg auf keinen Fall, es gibt da in vieler Hinsicht Handlungsbedarf. Ich hätte es toll gefunden, wenn wir uns darüber auch in den entsprechenden Ausschüssen noch einmal hätten auseinandersetzen dürfen. Das wollen Sie nicht; schade, kann ich dazu nur sagen. – Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und bei Kersten Artus DIE LINKE)