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GLEICHSTELLUNG

Gleiche Arbeit - gleicher Lohn

Die ganze Stadt im Blick
Altona weiter vorn

Gabi Dobusch

Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft von 2008 bis 2025

Ein Europapolitisches Jugendkonzept für Hamburg

Aktualisiert: 30.01.2012

Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg - 19. Wahlperiode - 48. Sitzung am 25. Februar 2010

Herr Pr­äsid­ent, mei­ne Da­men und Her­ren! Das jetzt vom Se­nat vor­ge­leg­te eu­ro­pa­po­li­ti­sche Ju­gend­kon­zept ist ein An­fang, un­se­rer Mei­nung nach al­ler­dings – das möchte ich gleich ein­gangs sa­gen – noch nicht viel mehr. Es war schon kein be­son­ders gu­tes Vor­ge­hen, die de­mo­k­ra­ti­schen Or­ga­ni­sa­tio­nen der Ju­gend­verbände – ich den­ke ins­be­son­de­re an den Lan­des­ju­gen­dring und des­sen Mei­nungs­bil­dung­s­pro­zes­se –, wie in die­sem Fall ge­sche­hen, der­art we­nig mit ein­zu­be­zie­hen und zu berücksich­tigen, und das bei dem The­ma Par­ti­zi­pa­ti­on.
Par­ti­zi­pa­ti­on kann un­se­res Er­ach­tens nicht hei­ßen, dass sich die Se­nats­kanz­lei zum Bei­spiel rou­ti­n­e­mäßig mit ein paar Ju­gend­li­chen zu­sam­men­setzt, aber nicht, um de­ren Ide­en auf­zu­g­rei­fen und die­se in das ei­ge­ne Kon­zept auf­zu­neh­men, son­dern vor al­lem, um wom­ögli­ch gu­te Fo­tos für die ei­ge­ne PR in die­ser Sa­che zu ha­ben. Die­sen Ein­druck näml­ich be­ka­men wir von ei­ni­gen Ju­gend­li­chen auf ei­ner Ver­an­stal­tung des Lan­des­ju­gen­drings zu hören. Die­se Ver­an­stal­tung ist vi­el­leicht eben­falls ein gu­tes Bei­spiel für das nicht ganz so ge­glückte V­orgehen in die­ser Sa­che. Die Ver­an­stal­tung des Lan­des­ju­gen­drings fand näml­ich ei­nen Tag vor der Se­nat­s­pres­se­kon­fe­renz zu dem Kon­zept am 2. Fe­bruar statt. Ein­ge­la­den wa­ren Mul­ti­p­li­ka­to­ren der Ju­gend­ar­beit eben­so wie Ver­t­re­ter der Bürgers­cha­ft – des Eu­ro­paau­schus­ses – und auch EU­Ab­ge­ord­ne­te. Auf die­ser Ver­an­stal­tung wie­der­um wur­de der Ein­druck ver­mit­telt, es gin­ge ernst­haft dar­um, die An­we­sen­den mit ih­rem Ex­per­ten­wis­sen in den Pro­zess der Mei­nungs­bil­dung noch vor der ab­sch­lie­ßen­den Kon­zept­pr­äsent­at­ion ein­zu­be­zie­hen. Aber die Er­geb­nis­se konn­ten gar nicht mehr ein­f­lie­ßen, denn so viel Nacht­ar­beit traue ich der Behörde nun doch nicht zu. Zur all­ge­mei­nen Über­ra­schung al­ler Be­tei­lig­ten wur­de aber be­reits am nächst­en Tag das fer­ti­ge Kon­zept der Öff­ent­lich­keit vor­ge­s­tellt. Ge­nau die­se Art von Par­ti­zi­pa­ti­on stel­len wir uns nicht vor und Sie hof­f­ent­lich auch nicht.
(Bei­fall bei der SPD und bei Nor­bert Hack­busch und Do­ra He­y­enn, bei­de DIE LIN­KE) So de­mo­ti­viert man ganz ef­fi­zi­ent die Men­schen, die sich in ei­nem Be­reich en­ga­gie­ren, der seit Jah­ren von der Po­li­tik eher ver­nachläss­igt wur­de, aber auf das überaus große En­ga­ge­ment sol­cher Men­schen an­ge­wie­sen ist. Vi­el­leicht er­klärt die­ses Vor­ge­hen auch, zu­min­dest im Nach­hin­ein, warum an die­ser Ver­an­stal­tung nur ein EU-Ab­ge­ord­ne­ter un­se­rer Frak­ti­on teil­nahm und kein EU-Ver­t­re­ter der Re­gie­rung­s­par­tei­en.
(Rolf Har­ling­hau­sen CDU: Das lag an der sch­lech­ten Ter­mi­nie­rung, das wis­sen Sie ge­nau!) Dem war vi­el­leicht schon klar, was für eine Art von Ver­an­stal­tung das tat­sächl­ich war und um wie viel Par­ti­zi­pa­ti­on an die­ser Ver­an­stal­tung es letzt­lich ging.
Mei­ne Da­men und Her­ren! Es ist gut, wenn die Se­nats­kanz­lei das di­rek­te Ge­spräch mit Ju­gend­li­chen sucht und sich An­re­gun­gen holt. Es ist gut, wenn Fach­leu­te ins Ge­spräch mit ein­be­zo­gen wer­den, aber in je­dem Fall ist es sch­lecht, die Ge­sprächs­p­artn­er zur Le­giti­ma­ti­ons­ku­lis­se zu de­gra­die­ren. Das ent­spricht je­den­falls nicht un­se­rem Verständn­is von Par­ti­zi­pa­ti­on.
Wenn es um Ju­gend und Eu­ro­pa geht, ste­hen wir vor gro­ßen Her­aus­for­de­run­gen, was uns – dar­auf wur­de be­reits hin­ge­wie­sen – die Be­tei­li­gungs­zah­len der jun­gen Men­schen an der Eu­ro­pa­wahl ganz deut­lich ge­zeigt ha­ben.

Wenn es um Par­ti­zi­pa­ti­on geht, sind die Her­aus­for­de­run­gen un­g­leich größer; das soll­te uns al­len be­wusst sein. Die größte Her­aus­for­de­rung be­steht aber un­se­res Er­ach­tens da­rin, nicht nur die selbs­t­or­ga­ni­sier­ten Ju­gend­li­chen – Sie ha­ben das schon erwähnt –, son­dern auch die zahl­rei­chen nicht or­ga­ni­sier­ten Ju­gend­li­chen zu er­rei­chen und mit ein­zu­be­zie­hen, und zwar nicht nur die Ju­gend­li­chen zum Bei­spiel aus dem Bil­dungs­bürgert­um, son­dern auch die so­zial schw­ächer­en. Wie wol­len wir das tun? Auf die­se Fra­ge brau­chen wir ei­ne Ant­wort und die lässt sich die­sem Kon­zept des Se­nats noch nicht ent­neh­men. Die EU hat al­len Mit­g­lieds­staa­ten ins Stamm­buch ge­schrie­ben, den struk­tu­rier­ten Dia­log mit der Ju­gend zu su­chen. Das aber gilt für Mümmel­man­nsberg eben­so wie für Blankene­se.
(Bei­fall bei der SPD) Un­se­res Er­ach­tens rei­chen die bis­her vor­ge­tra­ge­nen Ide­en in die­sem Kon­zept dafür nicht aus. Ich erwähne zum Bei­spiel den Leitfa­den für den Eu­ro­pa­un­ter­richt in der Schu­le, der, so­viel wir wis­sen, nach Jah­ren noch im­mer nicht fer­tig­ge­s­tellt ist. Oben­d­r­ein wird fast zeit­g­leich dem Eu­ro­pa-Ju­gend­büro in Al­to­na, al­so dem Büro, das in al­len Be­lan­gen der in­ter­na­tio­na­len und ins­be­son­de­re der eu­ro­päis­chen Ju­gend­ar­beit wert­vol­le Di­ens­te leis­tet, mit­ge­teilt, es müsse f­ür 2011 mit ei­ner Kürzung der Mit­tel in Höhe von et­wa 15 000 Eu­ro rech­nen und das, ob­wohl sich der Se­nat in sei­nem Kon­zept aus­drücklich auf die gu­te Ar­beit die­ses Büros im Zu­sam­men­hang mit dem Fach­kräft­ea­ust­aus­ch und der Wei­ter­bil­dung der Fach­kräfte be­zieht.
(Rolf Har­ling­hau­sen CDU: Können Sie nicht mal was Kon­struk­ti­ves sa­gen?) Kürzung der Mit­tel ei­ner­seits, neu­es Kon­zept an­de­rer­seits, das passt doch ir­gend­wie nicht zu­sam­men, das müssen ­Sie doch zu­ge­ben.
(Bei­fall bei der SPD und der LIN­KEN –
Hans-Det­lef Roock CDU: Re­den Sie den An­trag nicht ka­putt, sonst wird er nicht überwies­en!)
Es war be­reits die Re­de da­von, dass in Ham­burg zum Bei­spiel auf­grund der Ver­kürzung der Gym­na­sial­schul­zeit die Teil­neh­mer­zah­len beim Sch­üleraust­au­sch rückläuf­ig sind. An den Uni­ver­sit­äten hat nach der Um­stel­lung auf Ba­che­lor- und Mas­ter­stu­di­engänge die Be­tei­li­gung an eu­ro­päis­chen Aus­tausch­se­mes­tern ab­ge­nom­men. Auf­grund der je­weils fäll­ig­en Kos­ten­be­tei­li­gung ist der Kreis der­je­ni­gen jun­gen Men­schen, die von Aus­tausch­pro­gram­men pro­fi­tie­ren können, wie man es auch dreht und wen­det, be­reits das Er­geb­nis ei­nes so­zia­len Aus­le­se­pro­zes­ses.
Das sind ins­ge­s­amt Be­sorg­nis er­re­gen­de Ent­wick­lun­gen. Dem Se­nat ist da­zu nicht viel mehr ein­ge­fal­len, als Prüfauft­räge zu er­tei­len und Ab­sicht­s­er­kl­ärung­en ab­zu­ge­ben. Dar­auf möchte ich näml­ich auch hin­wei­sen: Die Ver­bind­lich­keit des Kon­zepts geht der­zeit nicht ein­mal so weit, ei­nen fes­ten Zei­traum, kon­k­re­te Zie­le oder gar ei­ne Über­pr­üfung des Kon­zepts an­zu­kündigen. Das ist doch ein bis­schen
Wir sind des­halb der Mei­nung, dass die­ses Kon­zept tat­sächl­ich noch ausführlich­er im Aus­schuss be­ra­ten wer­den soll­te. Vi­el­leicht ge­lingt es uns dort, die­ses Kon­zept mit gu­ten Ide­en an­zufüttern und dafür zu sor­g­en, dass wir in Ham­burg tat­sächl­ich ei­ne Par­ti­zi­pa­ti­on der Ju­gend­li­chen im eu­ro­päis­chen Raum rea­li­sie­ren können. – Vie­len Dank. (Bei­fall bei der SPD)



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